Liliputins in German -6016

Auch der, der sein Leben im Zickzack lebt, endet im Sack! ... "
Andreas Baader

Liliputins. What, the heck, is this?
http://stihi.ru/2025/03/08/5867

***

Rechtsextremist Horst Mahler gestorben
Ein deutsches Leben
Horst Mahler war Anwalt, linker Terrorist, Maoist und Neonazi. Jetzt ist er tot. Sein Leben war wie erfunden f;r Anh;nger der Hufeisenthese.

28.7.2025
13:20 Uhr

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Horst Mahler mit einem Megafon vor einer Deutschlandfahne. Der ehemalige linke Anwalt Horst Mahler bei einer NPD-Demonstration in Berlin 1999
Foto: Boris Bocheinski
Stefan Reinecke
Von Stefan Reinecke
BERLIN taz | Horst Mahlers Vater war ein ;berzeugter Nazi. Mahler zufolge stand Vater Willy 1949 eines Tages nach dem Fr;hst;ck auf, erkl;rte, dass es sinnlos sei, in einer Welt ohne Adolf Hitler zu leben, und beging Selbstmord. Ob das eine retrospektive Erfindung Mahlers war, der selbst nach 1998 zum Neonazi geworden war, oder ob der Vater an Depressionen litt, ist unklar. Sicher ist, dass die Kindheit Horst Mahlers von NS-Ideologie getr;nkt war. Die Eltern waren Nazis, der Onkel ein f;hrendes Mitglied der schlesischen SA. Der Vorname Horst sollte an den Nazi-M;rtyrer Horst Wessel erinnern.

Als Student ist Mahler in einer rechtsextremen schlagenden Verbindung. Ein paar Jahre sp;ter fliegt der hochbegabte angehende Anwalt wegen Linksabweichung aus der Berliner SPD. Von rechts nach links, und immer extrem. Dieses Muster pr;gte sein Leben von Beginn an.

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Mitte der 60er Jahre ist Mahler ein erfolgreicher arrivierter Wirtschaftsanwalt in Westberlin, der im offenen Sportwagen ;ber den Ku’damm f;hrt. Ein paar Monate sp;ter gr;ndet er mit einem Freund (der nebenher f;r die Stasi spitzelt) den Republikanischen Club und wird Verteidiger und F;rsprecher der revoltierenden Studentenbewegung. Und dann zum Brandbeschleuniger der Militanz. Mahler gr;ndet nicht nur mit Christian Str;bele das Sozialistische Anwaltskollektiv, gleichsam Blaupause f;r viele linke Anw;lte, sondern 1970 auch die RAF.

Eine politische Ich-AG
Wenn man Mahlers Leben als Drehbuch f;r einen Film einreichen w;rde, k;nnte man kaum auf ein positives Echo hoffen. In diesem Skript gibt es entschieden zu viel Unwahrscheinliches, zu viel ;berdeutliches, zu viel Extremes. Mahler wird auch der erste RAF-Dissident, der sich im Gef;ngnis weigert, gegen einen entf;hrten CDU-Politiker ausgetauscht zu werden. Mahler rechnet scharf mit dem Gewalt-Avantgardismus der linken Terroristen ab, den er selbst erfunden hat. Und schlie;t sich einer maoistischen Sekte an.

Dies ist ein Leben im Zickzack, von rechts- nach linksextrem, von der saturierten Westberliner Oberschicht in den Knast. Aber es gibt einen roten Faden: Wo Mahler ist, da weht anscheinend immer der Mantel der Geschichte. Mahler ist bizarr, extrem, aber immer bedeutend. Er ist eine politische Ich-AG, rastlos auf der Suche nach Sinn, Effekten, Rampenlicht. Die produktiven Ideen von 1968, antiautorit;re Erziehung, Feminismus, Emanzipation, spielen f;r ihn keine Rolle. Mahler will, egal welche Rolle er gerade im politischen Spektrum bekleidet, Einfluss, Aufmerksamkeit, Macht. Ein ewiger Leninist.

Die Rechtsanw;lte Hans-Christian Str;bele (l) und Otto Schily unterhalten sich w;hrend eines Prozesses mit ihrem Mandanten Horst Mahler (M).
Anklage wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung: Horst Mahler (Mitte) Mit seinen Anw;lten Str;bele und Schily 1972 vor Gericht
Foto: Chris Hoffmann/dpa/picture alliance
Auch die R;ckkehr aus RAF und Knast in das b;rgerliche Leben nach 1980 verl;uft nicht leise, sondern ger;uschvoll. Der bekehrte Ex-Terrorist ist ein idealer Partner f;r jenen Teil der politischen Elite, der beim Linksterrorismus weniger auf die H;rte des Staates denn auf Vers;hnung und Diskurs setzen will. Der damalige FDP-Innenminister Gerhart Baum macht mit Mahler ein Interviewbuch. Der aufstrebende SPD-Mann und Anwalt Gerhard Schr;der setzt sich erfolgreich f;r ihn ein. 1988 darf Mahler wieder als Anwalt arbeiten. Die bundesrepublikanische Demokratie ist liberal und tolerant genug, auch ihre Todfeinde von gestern zu reintegrieren. Mahler sympathisiert mit der FDP und verschwindet aus dem ;ffentlichen Scheinwerferlicht.

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Hier h;tte die politische, ;ffentliche Geschichte von Horst Mahler enden k;nnen. Aber er kann nicht einfach abtreten. 1997 betritt er als rechtsnationaler Aktivist wieder die ;ffentliche B;hne, bezeichnet die Bundesrepublik als „besetztes“ Land, das von „Schuldknechtschaft“ in Geiselhaft gehalten werde. Das ist der Sound der neuen Rechten. Mahler ist einer von ein paar Ex-Linken wie Bernd Rabehl und Reinhold Oberlercher, die auf ihrem Ideologie-Altar das internationale Proletariat durch die Nation ersetzt haben.

Mahler wird zum extremistischen Antisemiten
Dass Mahler die Wende nach rechtsau;en 1997 publik macht, ist vielleicht kein Zufall. Das Ende der ;ra Kohl k;ndigt sich an – und damit die Macht;bernahme von Rot-Gr;n und den Repr;sentanten der 68er. Schr;der wird Kanzler, Otto Schily wird Innenminister. Schily war schon in den 60er Jahren Mahlers Konkurrent als Anwalt. Es geht 1998 wieder um Macht – da kann Mahler nicht stumm abseits stehen. Und ;bernimmt einen vakanten Platz in der generationellen Spielanordnung: den des rechtsextremen Kritikers.

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Das verschafft ihm 2002 einen letzten Auftritt im strahlenden Rampenlicht: ein Duell mit Otto Schily vor dem Bundesverfassungsgericht. Mahler verteidigt die NPD im Verbotsverfahren und wettert gegen rot-gr;ne Vasallenregierung. Beeindrucken will er damit auch seinen Kontrahenten, Innenminister Schily.

Die letzten 25 Jahre im Leben von Horst Mahler erscheinen als eine grotesk verzerrte Spiegelung seiner Vita zuvor. Er wird zum extremistischen Antisemiten, ganz Kind seines Vaters, dessen Tod es zu r;chen gilt. Er begr;;t in einem Interview einen j;dischen Deutschen mit „Heil Hitler“, wird wegen Holocaustleugnung verurteilt und nutzt Auftritte vor Gericht f;r antisemitische Tiraden, die b;sartig zu nennen eine bodenlose Untertreibung w;re.

Deutsche Gerichte verurteilen ihn wegen Holocaustleugnung zu jahrelangen Haftstrafen. Und man mag die Weisheit dieser Urteile bezweifeln: Sie erm;glichen es Mahler, sich als M;rtyrer in Szene zu setzen, verfolgt von der bigotten Demokratie, als deren Opfer er sich sein halbes Leben inszenierte. Wegen Meinungsdelikten im Gef;ngnis zu sein, das bekr;ftigte seine Lieblingsrolle: Er ist bedeutsam. In der rechtsextremen Szene spielt er indes keine gro;e Rolle.

Echokammer der deutschen Katastrophengeschichte
Es ist naheliegend, dieses Leben als Beispiel f;r die Hufeisenthese zu deuten, der zufolge Rechts- und Linksextremismus in ihrer Verachtung der Demokratie ununterscheidbar werden. Die Geringsch;tzung von Rechtsstaat und Verfassung, der vitale Antiamerikanismus und die Erwartung eines nahen revolution;ren Umsturzes verbindet in der Tat die rechts- und linksextremen Phasen in dieser Biografie.

Aber es ist gleichsam zu naheliegend, dieses extreme, deformierte Leben als Beweis f;r „links gleich rechts“ zu benutzen. Mahler ist eher eine Art Echokammer der deutschen Katastrophengeschichte im 20. Jahrhundert. Die plane Hufeisenthese verfehlt das Individuelle, das R;tselhafte, Schr;ge, den Sinn f;r die dramatische Selbst;berh;hung. Denn im Zentrum des Links- und Rechtsextremisten, des Maoisten und Neonazis Horst Mahler stand immer – er selbst.

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Themen #Horst Mahler #Holocaust-Leugner #Extremismus #Rote Armee Fraktion / RAF #Antisemitismus
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20 Kommentare

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W
Winnetaz
heute, 13:06 Uhr
F;r die Hufeisentheorie haben wir ab sofort Frau Wagenknecht und ihre "Bewegung".


Winnetaz antworten
D
Descartes
heute, 12:11 Uhr
Man kann ja gegen die Hufeisentheorie, Querfront und den Totalitarismusbegriff beliebig herumtheoretisieren wie sich links- und rechtsextreme Ideologien unterscheiden w;rden.

Praktisch gesehen sind es die Menschen, die mit individueller Freiheit und sich daraus ergebenden Unsicherheiten und Unterschieden wenig anfangen k;nnen, und einem wirren Mix aus roten und braunen Erl;sungserz;hlungen nachlaufen.

Mahler ist nur ein Extremfall; man sehe sich nur das BSW an, oder wie schmerzlos hunderttausende ostdeutsche W;hler ohne Umwege von der Linken zur AfD gewandert sind.


Descartes antworten
S
Strolch
heute, 11:51 Uhr
Tats;chlich war ich mir nicht sicher, ob man Mahler mit dem Artikel nicht zu viel "Ehre" zukommen l;sst. Aber da er die deutsche extreme Politik beeinflusst hat, war ein Artikel notwendig und informativ. Der "Nachruf" schafft es m.E. auch gut, ohne zu viel Abscheu oder zu gro;er Freundlichkeit (;ber Tote soll man ja nichts Schlechtes sagen) das Leben nachzuzeichnen. Ein schmaler Grat, der Herrn Reinecke gut gelingt.


Strolch antworten
K
K2BBQ
heute, 12:20 Uhr
@Strolch:
Es gibt keinen Grund, ;ber Tote nichts Schlechtes zu sagen, wenn sie denn schlecht waren. Es war ein sinnloses, hasserf;lltes Leben. Durch seinen Tod ist die Welt wieder ein St;ck weit besser geworden.


K2BBQ antworten
S
Salinger
heute, 07:35 Uhr
"Von rechts nach links, und immer extrem." Die Banalit;t der Dummheit, kommt zuweilen mit dem Deckmantel der Intelligenz um die Ecke. Rechtsanwalt, puh, da muss man tief durchatmen.


Salinger antworten
PJ
Plain Jane
heute, 01:47 Uhr
Wie Groucho Marx sagte:

"Ich habe meine Prinzipien. Und wenn Ihnen die nicht gefallen, habe ich noch andere".


Plain Jane antworten

aujau
gestern, 21:40 Uhr
Ein Richter hat ihm mal eine "ausgepr;gte Profilneurose" bescheinigt.


aujau antworten

Fritz M;ller
heute, 12:50 Uhr
@aujau:
... ein schlauer Mann, dieser Richter.


Fritz M;ller antworten

Martin Rees
gestern, 17:47 Uhr
Bei den verschiedenen Eskapaden kamen 2004 laut Tagesspiegel selbst der Justiz berechtigte Zweifel, wie sie das einordnen soll, wenn jemand mit diesem Fachwissen und Hintergrund sich so verh;lt, dass kein "roter Faden" mehr erkannt werden kann, im Gegenteil: Tiefbrauner Sumpf. Sie dachten in Berlin, in der 22. Gro;en Strafkammer, an eine... - vielleicht Art von Verblendung oder eine Krankheit "die die Einsichtsf;higkeit oder Hemmungsf;higkeit ausgeschlossen oder vermindert haben k;nnte“.

Er war vielleicht einzigartig als Entit;t, aber keine eigene Kategorie.

Auch bei tagesspiegel.de (in 2016)

"Akten der Studienstiftung zu RAF-Mitgliedern: Aus Hochbegabten wurden Terroristen

Die sp;teren RAF-Mitglieder Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin und Horst Mahler waren Stipendiaten der Studienstiftung. Jetzt werden ihre Stiftungs-Akten ver;ffentlicht."

(...)

"Alexander Gallus, Professor f;r Politische Theorie und Ideengeschichte an der Uni Chemnitz, hat die Unterlagen der Stiftung auch zu zwei weiteren f;hrenden K;pfen der ersten RAF-Generation, Gudrun Ensslin und Horst Mahler, ausgewertet und kommentiert"

(...)

"attestiert () „ein ausgepr;gtes, oft ;bersch;umendes Gerechtigkeitsempfinden“.

allen


Martin Rees antworten
BS
Brahmavata Smithee
gestern, 17:31 Uhr
Zumindest hat der Mann zu seinem Lebensende ein Sprichwort eingehalten: L;gen haben kurze Beine.


Brahmavata Smithee antworten
DO
Dirk Osygus
gestern, 16:44 Uhr
Ein sehr informativer und intellektuell gespickter Artikel. Gut geschrieben.

Bis auf ein kleines Detail: Weil man sich nicht selbst ermorden kann, hei;t der „Selbstmord“ Suizid.


Dirk Osygus antworten
A
Aurego
gestern, 21:18 Uhr
@Dirk Osygus:
Das Wort "Selbstmord" ist lediglich eine w;rtliche ;bersetzung des mittelalterlichen lateinischen Wortes "suicidium", das im 12. Jhdt. erstmals nachweisbar ist.


Aurego antworten

Martin Rees
heute, 13:03 Uhr
@Aurego:
Zum (Selbst)Mord geh;ren zwei, T;ter und Opfer.

"In English-speaking societies today the word suicide is the preferred term for self-inflicted death. But it has not always been so. Evidence recounted here suggests that suicide was devised by Sir Thomas Browne and first published in his book Religio Medici in 1643. Although little used at first, suicide had become established as noun and verb by the mid-18th century and was recognized by inclusion in Johnson's Dictionary. The modern world has seen an enormous increase in words and expressions derived from suicide, some of which are discussed here."

Quelle

Barraclough B, Shepherd D. A necessary neologism: the origin and uses of suicide. Suicide Life Threat Behav. 1994 Summer;24(2):113-26. PMID: 8053006.

"Jean Am;ry

1978 – das Jahr der Verluste

Von J;rg Altwegg, Genf"

faz.net:

"In den sechziger Jahren war er das moralische Gewissen der Bundesrepublik. Ber;hmt machte ihn sein Selbstmordbericht „Hand an sich legen“. Drei;ig Jahre nach seinem Tod entdeckt Europa Jean Am;ry, den die „Bild“ einst einen „Selbstmorddichter“ nannte, neu."

Die R;mer kannten den Freitod, aber sie benutzen das Wort Suizid nicht.


Martin Rees antworten

Minelle
heute, 11:46 Uhr
@Aurego:
Juristisch dennoch falsch.


Minelle antworten
F
FtznFrtz
gestern, 16:29 Uhr
Offenbar eine Form von Borderline-St;rung, Mahler geh;rte zu den Menschen, die die Welt anz;nden wollen. Unter welchem politischen Vorzeichen war dabei dann fast egal, allerdings kaum verst;ndlich, diese krassen Wechsel von rechts nach links und wieder zur;ck.

Der Mann war als Anwalt brilliant, endete allerdings tragisch als verbitterter, beratungsresistenter Nazi. Er geh;rte zu den Menschen, die das Gem;;igte hassen, was die Demokratie ja eigentlich ausmacht. In einer Diktatur oder in einem Krieg h;tte er vermutlich Karriere gemacht.


FtznFrtz antworten
MM
Morrad Mo
gestern, 16:28 Uhr
Die Hufeisenthese besagt nicht, dass Links-und Rechtsextremismus ununterscheidbar werden, also identisch. Die Enden des Hufeisens ber;hren sich ja nicht. Sie besagt, dass beide Extreme sich wieder ann;hern, nachdem Links und Rechts zun;chst einmal von der Mitte ausgehend sich von einander entfernen.

Ich habe in den 00er Jahren mal ein Interview mit ihm gelesen, in dem er sagte, dass er seine politischen Ansichten nie ge;ndert habe. Die Feinde der RAF waren einfach nur dieselben wie die der NPD. Deswegen ist RAF aber nicht dasselbe wie die NPD.


Morrad Mo antworten

serious?
heute, 10:03 Uhr
@Morrad Mo:
Ich denke sie untersch;tzen die symbolische Wirkmacht der Hufeisentheorie.

In der ;ffentlichen Rezeption f;hrt sie fast zwangsl;ufig zu einer Gleichsetzung von Links- und Rechtsextremismus, gerade auch im Hinblick auf Gef;hrlichkeit, Gewaltbereitschaft und Systemfeindlichkeit. Was so jedoch nicht der politischen Realit;t entspricht.

Differenziertere Modelle sind da sinnvoller – z. B. ein zweidimensionales Koordinatensystem mit einer X-Achse: autorit;r bis freiheitlich, und einer Y-Achse: gewaltorientiert bis gewaltfrei. Damit lassen sich politische Bewegungen und Akteure wesentlich pr;ziser verorten, auch in Bezug auf ihre tats;chliche Bedrohung f;r eine offene Gesellschaft.

Die gegenw;rtige Gefahr f;r die Demokratie kommt ja aktuell auch prim;r von rechts: durch die AfD und die schleichende ;bernahme ihrer Positionen, insbesondere durch Teile der CDU – sei es in der Migrationspolitik, in autorit;ren Ordnungsvorstellungen oder durch die „Barbarisierung“ des Diskurses, die das gesellschaftliche Klima zugunsten der Rechten vergiftet.


serious? antworten
B
BrendanB
gestern, 23:24 Uhr
@Morrad Mo:
In der Tat: Die Theorie besagt lediglich, dass sich die extremen Positionen am linken und rechten Rand einander in ihren Methoden und Ideologien ;hnlicher sind als jeweils der Mitte. Somit sind sich rechts- und linksextreme Gruppen n;her als den gem;;igten Parteien der Mitte.

Obwohl die extreme Linke und die extreme Rechte ideologisch sehr unterschiedlich sind, n;hern sie sich in radikaler Auspr;gung ;hnlich an, etwa durch Ablehnung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und ;hnlichen autorit;ren oder gewaltbereiten Tendenzen.

Konstante in Mahlers Denken sind also zwei Dinge: Ablehnung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und Antisemitismus. Beides l;sst sich prima von links wie rechts ausleben.


BrendanB antworten

serious?
heute, 11:04 Uhr
@BrendanB:
W;re die Konstante bei Mahler, wie Sie behaupten, die Ablehnung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und des Antisemitismus, und k;nnte er beides im linken Spektrum gleicherma;en ausleben, h;tte es keinen Anlass f;r einen Lagerwechsel gegeben.

Die Ablehnung der demokratischen Grundordnung war um die Jahrtausendwende im linken Spektrum deutlich weniger verbreitet und anschlussf;hig als zur Zeit der RAF oder der K-Gruppen, ebenso wie antisemitische Einstellungen. Innerhalb des linken Spektrums dominieren heute basisdemokratische, partizipative und reformorientierte Ans;tze, w;hrend autorit;re, stalinistische Positionen eher marginal sind.

Mahler war ein autorit;rer Charakter, der eine F;hrungsrolle beanspruchte, und keiner der „Folgt“, Das passt sowohl biografisch als auch ideologisch besser in autorit;re bis faschistische Denkmuster. Unabh;ngig von Einordnungen wie „links“ oder „rechts“.

Antisemitismus ist auch ein gesamtgesellschaftliches Problem, und findet sich auch in der sogenannten „Mitte“. Ebenso wie Fremdenfeindlichkeit und autorit;re Tendenzen, was man z.b. in der Leipziger Autoritarismus-Studie oder der Mitte-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung auch gut sehen kann.


serious? antworten
UU
Uns Uwe
heute, 10:31 Uhr
@BrendanB:
Die Linken unterst;tzen die sozialen, ;kologischen, friedlichen und menschenrechtlichen Anteile des Grundgesetzes und kritisieren eine Gesellschaft, welche diese Rechte missachtet.

Die extremen Rechten missachten selber diese Werte von Haus aus und stehen somit den "normal"-rechten Parteien wie CDU/CSU, dem Seeheimer Kreis und den Rechtskonservativen von der FDP ebenso nah wie selbstverst;ndlich der AfD.

Die Hufeisenideologie wird eigentlich auch nur von den Rechten selber vertreten. Kein seri;ser Wissenschaftler gibt sich ernsthaft mit so etwas ab.


Uns Uwe antworten


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