Sag bitte nicht, es sei ein Traum...

Es tobt der Wind die ganze Nacht, - mit vollen Lungen blaest und kracht.
Er voll geniesst sein Element und ueber Feld und Huegel rennt;
hier ist er Herr - er hat die Macht.
Es laesst die Einsicht ihn nicht los, steckt ihm im Halse, wie ein Kloss:
Zurueck er sehnt sich nach dem Hain, nach schlanker Birke - zart und fein, -
er jammert schlaf- und ruhelos.
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Er sehnt sich rueckwaerts nach den Hoeh’n, zurueck nach silberweissen Schnee‘n,
wo er sich waelzte im Gebuesch, sich jeder Huerd‘ entgegen schmiss,
frohlockte, wie ein junges Reh.
Er riss den Schiefer von dem Dach, Gewaechsen die Genicke brach.
Und jagte durch die Gegend hin mit brausendem und sturem Sinn,
und legte jedes Buschwerk flach… 
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An einer Birke hielt er inn‘, nahm wahr, wie nie seit Weltbeginn,
ein seltsames Gedankengut. Es war gescheh‘n um seinen Mut,
die Dreistheit ihm entwich dahin.
Die Birke zierlich stand am Steg, versperrte ihm gewohnten Weg.
Er stockte, stob um sie herum, liebkoste ihre Reize stumm, -
das Herz ihm klopfte quer und schraeg…
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Der Wind umrang ihr Leib und Brust, mit ungestuemen Drang und Lust.
Er koste zart und kuesste sie, ging auf in wilder Phantasie;
nichts konnte bremsen sein Geluest.
Sie streckte ihre Arme aus entgegen stuermischem Gebraus,
das zaertlich ihr die Schultern strich, auf ihre Lippen sanfte wich. -
Und sie versank im Liebesrausch…
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Ihr Schwanenleib sich willig wand, entrang dem nuechternen Verstand.
Sie hin und her sich riss im Wind, und ihr Verlangen wuchs geschwind, -
ihr wurde ploetzlich angst und bang…
Er blies ihr eifrig ins Gesicht und lispelte – der Boesewicht:
Ich hab dich lieb bis an das End, bis hin zum Rand des Firmaments,
mein langersehntes Mondscheinlicht.
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Des Windes Brunst nahm an Gestalt und fand nun bald schon keinen Halt,
stieg auf zu Sternenhoehen hin, vernebelte des Maedchens Sinn, -
sank in des Lustdrangs Urgewalt…
Nun noch ein Windstoss – Hochakkord, es schwoll der Beiden Blut sofort,
und er, indem er abgesackt - vom Leib der Schoenheit – splitternackt,
riss sie zum siebten Himmel fort…
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…Das Minne-Hohelied verklang - der hoechsten Harmonie Gesang,
in Silberschnee’n schmolz Windes Spur. Ein Wolfsruf hallte durch die Flur,..
ein jaemmerlicher Echoklang…

…In weiter Fern gruent junger Hain, umweht vom Wind - ein Birkelein…

Wer zerrt da mir am Sinnessaum? Du sagst doch nicht,.. ich glaub es kaum -
das Herz mir drueckt ein schwerer Stein -,
sag bitte nicht, es sei ein Traum…
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                25.02.2018.


Рецензии
Wow! Liebe, Dramatik und Humor, schwungvoll und entzückend! Ich schmolz dahin "in Silberschnee’n".

Марко Элерт   20.02.2019 12:31     Заявить о нарушении