Liliputins in German-6101

Auf meinen Grabstein wuerde ich gerne folgende Zeilen meisseln: 'Die Radfahrer sind  ganz bestimmt an allem schuld; bei den Juden bin ich mir nicht so sicher' ..."
Karl Kraus

Liliputins auf Deutsch: Was zum Teufel sind die?
http://stihi.ru/2025/09/09/7764


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1899 trat Kraus aus der juedischen Glaubensgemeinschaft aus. 1911 liess er sich am 8. April in der Wiener Karlskirche roemisch-katholisch taufen. Sein Taufpate war Adolf Loos. 1922 trat Kraus aus der katholischen Kirche wieder aus.

1899 trat Karl Kraus aus der j;dischen Kultgemeinschaft aus und lie; sich nach einigen Jahren der Konfessionslosigkeit im Jahr 1911 katholisch taufen. Dieser Schritt blieb der ;ffentlichkeit unbekannt, bis Kraus 1922 in aufsehenerregender Weise wieder aus der Kirche austrat – als Protest gegen eine Kirche, welche die Salzburger Kollegienkirche „dazu hergab“, dass Max Reinhardt darin Theaterauff;hrungen inszenierte.[32]
Kraus’ Schriften greifen einige antisemitisch besetzte Ausdr;cke auf: So bezeichnete er das „J;disch-Deutsch“ als „mauscheln“ und die T;tigkeit des Herausgebers der Neuen Freien Presse, Moriz Benedikt, als „Ritualraub“ (siehe Ritualmordlegende). In der langw;hrenden polemischen Auseinandersetzung Kraus’ mit Heinrich Heine, einem deutsch-j;dischen Schriftsteller wie Kraus selbst, dem er vorwirft, er habe der deutschen Sprache das Mieder gelockert, so dass jeder Kommis nun an ihren Br;sten herumfingern d;rfe, finden sich zahlreiche versteckte und offene Anspielungen auf Heines Judentum (w;hrend Heine sich im Juni 1825 hatte taufen lassen).
Diese Ambivalenz gegen;ber der eigenen Herkunft und die Neigung, die vermeintlichen „typisch j;dischen“ Eigenschaften vornehmlich als negativ aufzufassen, ist in seiner Zeit nicht ungew;hnlich.[33] Eine assimilierungswillige und weitgehend schon assimilierte Judenschaft in Wien traf auf die aus Galizien nach Wien str;menden ostj;dischen Glaubensgenossen mit ihrem als unzeitgem;; empfundenen Kaftan, ihren Schl;fenlocken und ihren Tefillin – und empfand Fremdheit und Beklemmung. Die „Westjuden“ legten Wert darauf, nicht mit den „Ostjuden“ verwechselt zu werden, hingen mit besonderer Liebe an Deutschland und ;sterreich und gaben sich bisweilen deutscher als die christlichen Deutschen, waren kulturell ;beraus engagiert, wirtschaftlich erfolgreich und wollten angesichts einer Zeit, welche die atavistische Judenfeindschaft scheinbar ein f;r alle Mal ;berwunden hatte, den Geruch und die Erniedrigung des jahrhundertelangen Ghettos hinter sich lassen, ohne von osteurop;ischen Glaubensbr;dern erneut daran erinnert zu werden. Au;erdem bestand die Sorge, dass die „Ostjuden“ durch ihre Erscheinung und ihre fremden Gebr;uche alte Ressentiments von neuem beleben k;nnten – zumal gerade gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Wien und anderswo das Ph;nomen des Antisemitismus immer st;rker um sich griff.
Kraus, Abk;mmling einer wohlhabenden Familie gro;b;rgerlicher Industrieller, teilte dieses Empfinden der alteingesessenen Judenschaft. Die von Kraus vertretene Einstellung des arrivierten Judentums zur j;dischen Frage l;sst sich gut an seinem Pamphlet Eine Krone f;r Zion (1898) erkennen, das auf Theodor Herzls Publikation Der Judenstaat antwortet. Die Krone, eigentlich die ;sterreich-ungarische W;hrung (wobei f;r die Berechtigung einer Teilnahme am Zweiten Zionistischen Kongress als Mindestspende eine Krone zu erlegen war), wurde von Kraus als Krone eines M;chtegern-„K;nigs von Zion“ gedeutet. Kraus warf dem Zionismus vor, zu einem historischen Fehler anzusetzen: Er verlasse den einzig erfolgversprechenden Pfad der Assimilierung und f;hre in die Irre, und er spiele au;erdem denjenigen in die H;nde, die eine Trennung zwischen Juden und Nichtjuden herbeif;hren wollten. Insbesondere den militanten Zionisten sei es gelungen, „Christen, die dem Antisemitismus bisher keinerlei Geschmack abgewinnen konnten, von der Heilsamkeit der Absonderungsidee zu ;berzeugen“. Der Zionismus werde vor der Integration kapitulieren m;ssen: „Es ist kaum anzunehmen, dass die Juden diesmal trockenen Fu;es in das Gelobte Land einziehen werden, ein anderes rotes Meer, die Sozialdemokratie, wird ihnen den Weg dahin versperren.“[34] Au;erdem f;hlte sich Kraus angesichts seiner j;dischen Abstammung grunds;tzlich nicht dazu verpflichtet, sich von der zionistischen Idee vereinnahmen lassen und f;r einen eigenen Judenstaat optieren zu m;ssen: Er f;hlte sich als ;sterreicher und Wiener. Darin wusste sich Kraus mit einem bedeutenden Teil der altans;ssigen Judenschaft einig, welche – so sehr sie auch die Notwendigkeit einer L;sung f;r das bedr;ngte Ostjudentum sehen mochte – f;r sich selbst einen Sinn und einen Zweck der Bewegung des Zionismus nicht erkannte, weil sie nicht sah oder sehen wollte, was Theodor Herzl inmitten des Tumults im Verlauf des Dreyfus-Prozesses gefolgert hatte. „Dass den Anderen der Jude Dreyfus schon an und f;r sich ein Hochverr;ther ist, an solch offenem Bekenntnis wird auch die Revision nichts ;ndern. Es bleibt die Frage, ob das dogmatische Interesse der J;disch-Clericalen […] nicht am Ende gr;;eres Unheil bewirken k;nnte als aller Antisemitismus. Bestrebt die Juden nach den vier Jahrtausende alten Anweisungen als ‚ein auserw;hltes Volk zu erhalten, das sich mit anderen V;lkern nicht mischt‘, ja ihnen in nichts zu ;hnlich werden darf, erl;utern sie an Dreyfus den Fingerzeig ihres Gottes gegen die Assimilation. […] Wer von all dem und zugleich vom Rassen-Antisemitismus frei ist, kann die leidige Aff;re nicht beiseite schieben, ohne daraus ein richtigeres Urtheil ;ber die Judenfrage zu gewinnen. Der Antisemitismus, der in Frankreich so rasch und fast unerwartet emporlohte, hat bewiesen, dass selbst einer social vorgeschrittenen Nation die von einem Theil der Juden mit vielem Eifer getriebene psychologische und gesellschaftliche Assimilation nicht gen;gt - vielleicht beim besten Willen nicht oder selbst dort nicht gen;gt wo jede Agitation fehlt, wo aber der Percentsatz der j;dischen Bev;lkerung ein gewisses Ma; ;bersteigt.“[35]
Die Distanz zu den eigenen Wurzeln hat sich bei nicht wenigen Angeh;rigen der assimilierten Judenschaft in einer Haltung entladen, die als „j;discher Selbsthass“ bezeichnet wurde. Wenngleich es nicht an Stimmen fehlte, die eine ;berst;rzte Assimilierung als w;rdelos ansahen, ging der Tenor dahin, den Begriff „j;dische Eigenschaften“ als negativ besetzt anzusehen und die eigene j;dische Herkunft m;glichst zu ignorieren – wof;r das Werk von Karl Kraus, der jene allerdings nicht verleugnet hat, in vieler Hinsicht ein Beispiel darstellt.
Kraus fand aber viel eher als die Juden die Antisemiten unter seinen Zeitgenossen l;cherlich. In dem Aufsatz Er ist doch e Jud (Oktober 1913) druckte Kraus die Zuschrift eines Lesers ab, welcher ihn bittet, sich dazu zu erkl;ren, ob ihm, Kraus, „nichts von allen den Eigenschaften des Juden anhaftet“, und „welche Stellung“ Kraus zu dem Satz einnehme, „dem auch Lanz-Liebenfels beipflichtet“, dass man n;mlich „aus der Rasse … nicht austreten“ k;nne. Kraus f;hrt dazu aus, es sei nicht seine Sache, „mir meinen Kopf von fremden Leuten zerbrechen zu lassen […] Meine Unbildung bringt es mit sich, da; ich ;ber das Rassenproblem kaum so viel auszusagen w;;te, als notwendig ist, um in einem halbwegs anst;ndigen Kegelclub, der auf sich h;lt, noch f;r einen intelligenten Menschen zu gelten. Trotzdem war es m;glich, da; ein Fachmann wie der Dr. Lanz von Liebenfels, auf den sich auch mein Pr;fer beruft, mich als den ‚Retter des Ario-Germanentums‘ angesprochen hat. Wie das zugeht, wei; ich nicht, da doch diese Rassenantisemiten auch den Satz aufgestellt haben: ‚Aus der Rasse kann man nicht austreten‘ […] Ich wei; nicht, ob es eine j;dische Eigenschaft ist, das Buch Hiob lesenwert zu finden, oder ob es Antisemitismus ist, ein Buch Schnitzlers in die Ecke zu werfen […] Mit der Rasse kenne ich mich nicht aus“.[36]
Mehr als ein Vierteljahrhundert nach Ver;ffentlichung von Eine Krone f;r Zion schrieb Kraus dazu: „Ich kann, da ich nicht mit soviel Gesinnung auf die Welt gekommen bin wie ein zionistischer Redakteur, unm;glich als F;nfzigj;hriger aufrechterhalten, was ich als Dreiundzwanzigj;hriger geschrieben habe.“ Jedoch „Reue als Vorstellung, dass ich es damals h;tte unterlassen oder anders tun k;nnen, kann sich nie meiner bem;chtigen. Das w;re doch nur m;glich, wenn ich w;sste, dass ich es gegen meine ;berzeugung getan h;tte!“[34]
Der Ambivalenz seiner ;berkommenen Einstellung zur j;dischen Frage scheint Kraus sich bewusst gewesen zu sein, als er etwa in der Dritten Walpurgisnacht einen Brief an den Westdeutschen Rundfunk abdruckte, der ihn im April 1933 um die ;berlassung einiger Probeexemplare von dessen ;bersetzung der Sonette Shakespeares gebeten hatte. Kraus gab vor, den Redakteur „vor einem Mi;griff zu bewahren, der Sie in Widerspruch zu den in Deutschland geltenden Richtlinien der kulturkritischen Betrachtung bringen k;nnte“: Er selbst sei ein j;discher Autor, doch fehle in den B;chern ein Hinweis auf eine „;bersetzung aus dem Hebr;ischen“ (im Sinne einer Art literarischen Judensterns).[37] Karl Kraus war sich bewusst, dass er in der nationalsozialistischen Rassenideologie ohnehin als j;discher Autor eingestuft wird.

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Im Februar 1936 wurde Kraus nach Erscheinen der Fackel-Ausgabe Nr. 922 in der Dunkelheit von einem Radfahrer niedergestossen. Die Folgen waren immer staerkere Kopfschmerzen und Gedaechtnisschwund. Am 2. April 1936 hielt er seine letzte Vorlesung. Nach einem schweren Herzinfarkt im „Cafe Imperial“ am 10. Juni starb Kraus am 12. Juni 1936 in seiner Wohnung an Herz- und Gehirnschlag.

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„Die Juden sind an allem Schuld, meinte einer. Und die Radfahrer… sagte ich. Wieso denn die Radfahrer?, antwortete er verdutzt. Wieso die Juden?, fragte ich zurueck.“
Tucholsky???

Zum Werk
Juden und Radfahrer – Ein angebliches Tucholsky-Zitat
Beitragsautor
Von Robert Faerber
Beitragsdatum
27. Februar 2016

Kurt Tucholsky gilt als einer der meistzitierten deutschen Autoren und viele seiner pointierten Aussagen werden auch heute noch gerne verwendet. Das bestaeigt unsere – wenig ueberraschende – tiefe Ueberzeugung, dass Tucholsky weiterhin aktuell ist.

Allerdings kursieren auch sehr viele Zitate und Texte, die Tucholsky zugeschrieben werden, jedoch entweder erwiesener Massen oder aber hoechstwahrscheinlich nicht von ihm stammen. Da die hoechst verdienstvolle Tucholsky-Gesamtausgabe liegt leider noch nicht digital vor, daher ist es in vielen Faellen nicht ohne weiteres endgueltig moeglich, den Nachweis zu erbringen, dass ein bestimmtes Zitat eben nicht von Tucholsky stammt.

Bei sudelblog.de gibt es bereits eine Sammlung Zitate, die eher nicht von Kurt Tucholsky stammen, nichtsdestotrotz jedoch unter seinem Namen kursieren. Dies ist zwar einerseits ein sehr schoener Beweis dafuer, dass Tucholskys Name auch heute einen guten Klang hat und er offenkundig populae ist, es ist aber andererseits doch die Aufgabe der Kurt Tucholsky-Gesellschaft fuer die Verbreitung und den Erhalt seines Werkes einzutreten – und dazu gehoert dann eben auch, darauf hinzuweisen, wenn sein Name mit Texten in Verbindung gebracht wird, die eben nicht Bestandteil seines Werkes sind.

Aus verstaendlichen Gruenden wird derzeit in den sozialen Medien ein Tucholsky zugeschriebenes Zitat intensiv geteilt. Es lautet:

„Die Juden sind an allem Schuld, meinte einer. Und die Radfahrer… sagte ich. Wieso denn die Radfahrer?, antwortete er verdutzt. Wieso die Juden?, fragte ich zurueck.“

Dieses Zitat findet sich auf sehr vielen Seiten und in vielen Beitraegen (z.B. auf der beliebten, jedoch nicht uebermaessig zuverlaessigen Seite »gutezitate.com«)

In exakt dieser Form laesst es sich nicht mit einem bestimmten Verfasser nachweisen. Jacques Schuster erwaehnt es in der Rezension des Buches »An allem sind die Juden und die Radfahrer schuld« (von Avi Primor und Christiane von Korff) als alten Witz – ohne exakten Verfasser und das koennte durchaus so sein.
In Erich Maria Remarques Roman »Der schwarze Obelisk«, der in der Zwischenkriegszeit spielt und 1956 erschien, findet sich zudem eine Passage, die ganz aehnlich klingt:

»Da sehen sie es«, sagt Heinrich bitter zu Riesenfeld. »Dadurch haben wir den Krieg verloren: Durch die Schlamperei der Intellektuellen und durch die Juden.«
»Und die Radfahrer.« ergaezt Riesenfeld.
»Wieso die Radfahrer?« fragt Heinrich erstaunt.
»Wieso die Juden?« fragt Riesenfeld zurueck.


Es gibt viele Forschungsdesiderate und so ist es durchaus nicht auszuschliessen, dass hier eine Referenz auf Tucholsky vorliegt, die bisher unbekannt ist. Sehr wahrscheinlich ist dies jedoch nicht. Wenn also nicht Remarque selbst der Urheber ist, so duerfte es wohl eher eines der zahlreichen »Verfasser unbekannt«-Bonmots sein.

Sollte jedoch wider Erwarten jemand einen Nachweis dafuer erbringen koennen, dass es sich tatsaechlich um ein Tucholsky-Zitat handelt (und Nachweis meint hier: Mit exakter bibliographischer Angabe der Originalpublikation), so erhaelt der oder diejenige ein Exemplar unserer Tucholsky-Anthologie »Die Zeit schreit nach Satire« und eine Jahresmitgliedschaft in der Kurt Tucholsky-Gesellschaft.
Zum Abschluss noch ein paar Hinweise, wie Sie mit aufgefundenen Zitaten umgehen konnen:
Sollten Sie auf ein Zitat ohne exakte Quellenangabe stossen (und exakt meint: Entweder aus einer der Werkausgaben oder mit Angabe der Originalpublikation (also beispielsweise eine Nummer der Weltbuehne oder der Vossischen Zeitung o.Ae.)), so pruefen Sie nach, ob sie die Phrase beim Projekt Gutenberg oder bei textlog.de finden. Diese beruhen beide wesentlich auf den bereits erfolgten Editionen. Sollten Sie auch dort nicht fuendig werden: Lassen Sie die Finger davon. Die Wahrscheinlichkeit, auf ein pointiertes Zitat zu stossen, dass bisher noch nicht aufgefunden und publiziert wurde, ist gering – wenn auch durchaus vorhanden: Tucholsky war ein geradezu besessener Vielschreiber, es ist durchaus moeglich, dass es dort Schuetze zu heben gibt. Aber, mal unter uns: Wenn jemand einen solchen Schatz hebt: Wuerde der oder diejenige dann nicht die Quelle angeben? Wenn Sie jedoch ganz sicher gehen wollen, dann konsultieren Sie die Gesamtausgabe, gegebenenfalls in der naechstgelegenen Bibliothek, die sie im Bestand hat.

Steffen Ille

NACHTRAG (16.3.2016):
Ergaenzend zu den oben genannten Punkten seien hier noch weitere Befunde von Friedhelm Greis angefuegt:
Im Werk Tucholskys findet der »Dialog« nicht, aber der Vergleich Juden/Radfahrer in der Frage der Kriegsschuld etc. ist ein haeufiger Topos in seinen Texten.

Beispielsweise in folgendem Gedicht:

Ludendorff oder Der Verfolgungswahn
Hast du Angst, Erich? Bist du bange, Erich?
Klopft dein Herz, Erich? Laeufst du weg?
Wolln die Maurer, Erich – und die Jesuiten, Erich,
dich erdolchen, Erich – welch ein Schreck!
Diese Juden werden immer rueder.
Alles Unheil ist das Werk der … … Brueder.
Denn die Jesuiten, Erich – und die Maurer, Erich –
und die Radfahrer – die sind schuld
an der Marne, Erich – und am Dolchstoss, Erich –
ohne die gaebs keinen Welttumult.
(…)
Theobald Tiger, WB 6.11.1928
oder in:

‹Kulissen›

Es ist ein Jammer, da; es keinen rechtschaffenen Teufel mehr gibt. Jetzt behilft man sich da mit den Welschen, mit den Juden, mit den Radfahrern, mit dem Vertrag von Versailles … aber das Richtige ist das alles nicht. Immerhin muss; einer da sein, der schuld ist. Gehts gut, dann haben wir es herrlich weit gebracht – gehts aber schief, dann wirft der Fachmann wilde Blicke um sich und sucht den Teufel. (…)
Peter Panter, WB 14.6.1932
und auch in:
Sigilla Veri
Nun aber ist, um diesen Wissensluecken abzuhelfen, gegen die Radfahrer [=Juden F.G.] endlich das grosse und schoene Werk erschienen, dessen wir so lange entraten haben:
Ignaz Wrobel, WB 29.9.1931

„Radfahrer“ ist bei Tucholsky zudem eine Art Synonym fuer den typischen deutschen Untertan: „Allerdings: nicht zu diesem Deutschen da. Nicht zu dem Burschen, der untertaenig und respektvoll nach oben himmelt und niedertraechtig und geschwollen nach unten tritt, der Radfahrer des lieben Gottes, eine entartete species der gens humana.“
aus der „Der Untertan“, Ignaz Wrobel, WB 20.3.1919

Allerdings war dieser Vergleich in der Weimarer Republik auch bei anderen Weltbuehne-Autoren ueblich:
So findet man bei Hanns-Erich Kaminski:
„Alle Frankfurter sind also goldige Kraetscher. Im uebrigen zerfallen sie in Juden und Radfahrer.“
bei Willy Koesters:
„Dass die Franzosen am deutschen Geburtenrueckgang schuld sind, ist selbstverstaendlich — woran sind sie nicht schuld, sie, die Juden und die Radfahrer!“

in einer Ludendorff-Satire:
„Unterstellen wir einfach als gegeben: die Juden oder die Radfahrer haben Deutschland erst auf das Kriegsvehikel gesetzt und dann Glasscherben auf die Strasse gestreut, damit seinem Pneumatik die Luft ausgehe und Champion Ludendorff als letzter Sieger ans Ziel komme. Gut also: die Juden sind daran schuld, oder die Radfahrer. „

Schlagwoerter
Der schwarze Obelisk, Erich Maria Remarque, falsches Zitat, Kurt Tucholsky

Mein Weg zu Kurt Tucholsky

Falsche Tucholsky-Zitate
7 Antworten auf „Juden und Radfahrer – Ein angebliches Tucholsky-Zitat“

Red Flag: Cyclists thrown under the car – Exberlinersagt:
3. August 2021 um 08:48 Uhr
[…] Something in the society’s reactionary element associates bikes with societal collapse. Back in the Weimar Republic, leftist writers like Kurt Tucholsky and Erich Maria Remarque would make fun of the right blaming Germany’s defeat on “Jews, Freemasons, and cyclists.” […]

Die sch;nsten Bilderb;cher im Mai – Lesen mit Linkssagt:
14. Mai 2019 um 10:11 Uhr
[…] Juden und Deutschen ist, wird in dieser – faelschlicherweise Kurt Tucholsky zugeschriebenen (hier) Parabel gezeigt, die in Erich Maria Remarques Roman „Der schwarze Obelisk“ von 1954 auf diese […]

Werner Schreibersagt:
20. Dezember 2018 um 10:24 Uhr
In der Besprechung einer Ausstellung ueber die Rueckkehr der Frankfurter Schule in der NZZ findet sich folgendes Zitat: „Die anfaenglichen Versuche, das Unbegreifliche zu begreifen, kommentierte der widerborstige Leo Loewenthal in einer Epistel vom Juni 1943 an Herbert Marcuse jedoch mit einer Frage, die – gerade ihrer scheinbar absurden Zuspitzung wegen – lange nachhallt: «All diese theoretische Aufgeblasenheit», schreibt Loewenthal, «ist keine Antwort auf die Frage: Aber warum die Juden? Warum nicht die Radfahrer?»“ https://www.nzz.ch/brechreiz_und_schmeicheleien-1.3787609

Plakativ, wie Plakate so sind. - Spreemilieusagt:
9. Mai 2016 um 17:11 Uhr
[…] in der Bildungsarbeit Argumente gegen Antisemitismus liefern. Der Titel orientiert sich an einem juedischen Witz, der einerseits den Antisemitismus selbst aufs Korn nimmt, andererseits die Unfaehigkeit eigene […]

Angebliche Tucholsky-Zitate | Kurt Tucholsky-Gesellschaftsagt:
17. Maez 2016 um 09:03 Uhr
[…] »›Die Juden sind an allem Schuld‹, meinte einer. ›Und die Radfahrer…‹ sagte ich. ›W… […]

Dr.h.c. Guenter Schullenbergsagt:
2. M;rz 2016 um 22:54 Uhr
„So siehst Du aus“ von K.T. war mein erstes Buch von Tucho; seitdem fasszinierte er mich;1975 konnte ich Mary G.-T. in Rottach-Egern besuchen und korrespondierte ein wenig mit ihr; etwa 2007 konnte ich zufaellig seine einzige noch lebende Grosscousine, Brigitte Rothert (Jg.1928) in Berlin m.meiner Frau besuchen, die jetzt in Dresden wohnt.

Juden und Radfahrer – Ein angebliches Tucholsky-Zitat | 125 Jahre Kurt Tucholskysagt:
27. Februar 2016 um 17:13 Uhr
[…] Kurt Tucholsky gilt als einer der meistzitierten deutschen Autoren und viele seiner pointierten Aussagen werden auch heute noch gerne verwendet. Allerdings steckt nicht in allen Zitaten, auf denen »Kurt Tucholsky« steht, auch Kurt Tucholsky drin: Juden und Radfahrer – Ein angebliches Tucholsky-Zitat […]


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