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Das Opfer und seine Macht
Wie man aus Unterlegenheit ;berlegenheit gewinnen kann.
F;r uns alle ist ein Opfer jemand, dem Schlimmes widerfahren ist und unserer Zuwendung und Hilfe bedarf. Er beruft sich zu Recht auf unser Miteinander, denn er fand keinen Schutz, als er ihn brauchte.
Er ist ein Opfer so lange er noch nicht aufarbeiten konnte, was ihm widerfahren ist, denn wenn er es aufgearbeitet hat, war er vielleicht einmal ein Opfer, aber ist es nun nicht mehr.
Doch es gibt Menschen, die in ihrer inneren Haltung immer ein Opfer bleiben, denn aus der Unterlegenheit in der Vergangenheit l;sst sich erstaunlicher Weise eine ;berlegenheit in der Gegenwart gewinnen.
Im sozialen Miteinander hat ein Opfer automatisch Anspruch auf Hilfe, Mitgefuehl, Zuwendung und Beachtung. Daraus erw;chst ihm eine moralische Macht, die auch Gewinn bringend genutzt werden kann, so lange eben noch eine innere Opferhaltung besteht.
Zum Machtgewinn solcher Art bedarf es nur einer Voraussetzung: man muss Anderen гуbermitteln koennen, dass man ein Unterlegener war oder ist.
Das ist verh;ltnism;;ig leicht bei Menschen, fгуr die Mitgef;hl etwas im Selbstbild wichtiges ist. Genau diese werden unmerklich zu den Opfern der Opfer und zur Basis von deren Macht.
Es wird dazu nur ein einziger Mensch gebraucht, der sich an die Seite des Opfers stellt und beide sind dann gemeinsam anderen moralisch ;berlegen. Sie k;nnen von diesem Punkt aus beurteilen, wer gut ist und wer schlecht. Gut kann dabei immer nur sein, wer ihrer Meinung ist. Man hat die soziale Gemeinschaft, die Macht des Miteinanders hinter sich und ist den "Schlechten" ;berlegen. Dieser Mechanismus taucht sehr oft in unserer Gesellschaft auf. Um der eigenen Unterlegenheit zu entkommen, kann es auch schon reichen, sich auf den Standpunkt des Rechthabenden zu stellen. Das macht das Gegen;ber automatisch zu einem T;ter.
Manchen Menschen dient diese seltsame ;berlegenheit andern gegen;ber auch einfach zur Kompensation ihrer Schw;chen oder schlimmen Erfahrungen.
Ihnen fehlt dann jegliches Mitgef;hl, auch mit sich selbst. Sie glauben sich ;ber ihren erfahrenen Schmerz erheben zu k;nnen, aber bleiben doch zugleich dauerhaft in ihrer Opferhaltung.
Aus dem ihnen widerfahren und unerl;stem Schmerz ziehen sie unbewusst die Berechtigung, sich ;ber den Schmerz anderer zu erheben, dessen Berechtigung oder Angemessenheit zu leugnen. Ihr Schmerz und ihre Verletzung stehen f;r sie an erster Stelle. Genau daraus gewinnen sie f;r sich eine scheinbare ;berlegenheit, die sie andere sp;ren lassen, indem sie von diesen ein bestimmtes, sie ;ber Geb;hr ber;cksichtigendes Verhalten einfordern.
Auf diese Weise l;sst sich seelischer Schmerz und erfahrenes Leid zur eigenen Durchsetzung nutzen und das Gegen;ber wird zum sich verteidigenden T;ter. Allerdings ist damit auch ein inneres Wachstum ausgeschlossen.
Falls Du mit solchen Menschen in Kontakt bist, ;berpr;fe, ob es in Dir vielleicht Wunden gibt, um deren Heilung Du Dich noch nicht bem;ht hast, ob Du selbst vielleicht als der Verletzte gelten oder anerkannt werden willst und Dich deshalb immer wieder von neuem einem inneren Schmerz und der Erfahrung von Ohnmacht aussetzt.
Wenn dem so sein sollte, kannst Du dem ein Ende bereiten und Dir Heilung erlauben.
Du kannst aus dem Wechselspiel von Unterlegenheit und Гуberlegenheit aussteigen.
Du kannst Deine Gleichwertigkeit anerkennen.


Рецензии
философская мысль,
глубоко мыслящие слова,

Дочь Егора   07.03.2024 19:19     Заявить о нарушении
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