Zaertlichkeiten im Wandel der Zeit

Zaertlichkeiten im Wandel der Zeit:
„Meen kleenet Schmackeduzchen“
Z;rtlichkeiten im Wandel der Zeit: „Meen kleenet Schmackeduzchen“
Ob „Ische“, „Macker“, „steiler Zahn“, „Playa“ oder „Girlfriend-Material“ - jede Generation dr;ckt Zuneigung und Begehren anders aus.

Author - Torsten Harmsen
Torsten Harmsen
21.05.2021 | 07:43 Uhr
Wie die beiden wohl zueinander sagen? Na gut, im Moment sagen sie gar nichts.
Wie die beiden wohl zueinander sagen? Na gut, im Moment sagen sie gar nichts.
Imago
BERLIN-Was sagen heutige Teenager, wenn sie jemanden super finden? Glaubt man Jugend-W;rterb;chern (die meist von Alten zusammengestellt werden), dann bedeutet „Swaggernaut“ zum Beispiel extrem coole Person, „Schnitzel“ oder „Playa“ ist ein gut aussehender Typ. Es gibt  „Boyfriend-“ oder „Girlfriend-Material“, und wer „gamsig“ ist, hat Lust auf Sex. Die Partnerin oder den Partner nennt man „Habibi“ und „S;;mo“. Und irgendwann macht man Schluss via „Exting“ (per Textnachricht auf dem Handy).


Ob das alles immer noch so ist, wei; man nicht. Wenn Teenies unter sich sind, ist man ja naturgem;; nicht dabei. Und was gestern noch galt, ist heute schon alt. Die Sprache saugt st;ndig neue Einfl;sse auf.

Unz;hlige berlinische Partnerbegriffe sind in den Jahrzehnten an meinen Ohren vorbeigerauscht: „meen M;nne“, „meen Oller“, „meene Mirze“, „meene Ische“ (vom hebr;ischen Wort „Ischa“ f;r Frau), „meen Macker“ (was eigentlich kastrierter Esel bedeutet). Man rief sich: „Puppe“, „Kleene“, „S;;er“, „Hase“, „Fratz“, „B;rchen“, „Perle“, „Sch;tzchen“, „bessere H;lfte“ und „Zanktippe“ (wenn es oft Streit gab).

Ein wundersch;nes Kosewort aus dem alten Berlin ist ;brigens „meen Schmackeduzchen“. Man sollte es ganz dringend wiederbeleben, auch wenn es ein bisschen albern klingt. Aber Liebe und albern – das passt ja zusammen.

Frauen wollen nicht „bewundert“ oder „verehrt “werden
Andere Begriffe waren allerdings schon meiner Generation fremd. Zum Beispiel der Ausruf: „Kiek mal, da jeht’n steiler Zahn!“ Heute w;rden sich viele junge Frauen solch eine Verdinglichung strikt verbitten. Und auch der Begriff „Verehrer“, der zur Zeit meiner Oma, 1892 geboren, noch gang und g;be war, w;rde ihnen nichts mehr sagen. „Ich brauche doch keinen, der mich verehrt!“, w;rden sie rufen. Auch „bewundert“ werden wollen sie nicht.


Ich erinnere mich, welch eine Debatte es um ein kurzes Gedicht des Schweizer Lyrikers Eugen Gomringer gab, das einmal an der Wand der Alice-Salomon-Hochschule in Hellersdorf stand. Es stammte von 1951 und endete mit: „Alleen und Blumen und Frauen und ein Bewunderer“. Am Ende musste das Gedicht auf Wunsch der Studentenvertretung weg, weil es die „patriarchale Kunsttradition“ verk;rpere, in der „Frauen ausschlie;lich die sch;nen Musen“ seien, und weil es „unangenehm an sexuelle Bel;stigung“ erinnere. Inzwischen steht es an der Wand eines Hellersdorfer Wohnblocks.

Meine Oma h;tte einst sicher nichts gegen das Gedicht gehabt, obwohl sie sich auch nicht ;berm;;ig gern „verehren“ und „bewundern“ lie;. Sie war eine echte Berlinerin, praktisch und unsentimental. In Rahnsdorf – am Rand der Stadt – machte sie ganz allein ein gro;es St;ck Land urbar, baute ein Haus und nahm sp;ter vier Waisenkinder auf.

Von fr;heren Bekanntschaften sprach sie nur selten. Einer war Maler. Sie nannte ihn „det Malheur“. Einer war Maurer und hie; mit Nachnamen Stein. Sie nannte ihn „Klamotte“. Sehr naheliegend. Und ich glaube, dass sie so was wie „Schmackeduzchen“ aus Spa; auch sehr gern mal gesagt h;tte. Und sei es nur zu mir, ihrem kleinen Enkel.


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