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 Jahreswechsel - eine nachdenkliche Zeit
Advent, Weihnachten, Silvester ... fuer Manche ist das die ruhige, besinnliche Zeit im Jahr, fuer mich sind diese Woche allerdings nicht ruhig und besinnlich, sondern purer Stress. Inzwischen versuche ich den Dezember, so gut es geht, zu ignorieren.
Ich bin kein Weihnachtsmuffel oder Winterhasser, das Problem sitzt in mir drinnen. Um genau zu sein, in meinem Kopf, in meinen Gedanken. Zum Jahreswechsel ueberlege ich, was ich erreicht habe, doch recht schnell befasse ich mich damit, was ich nicht geschafft habe. Was habe ich alles verpasst durch meine Erkrankung? Was unterscheidet mich von Gleichaltrigen? Was blieb mir in meiner Vergangenheit verwehrt?
Es ist kein Negativdenken an sich, sondern ich befasse mich mit Fakten. Es entspricht der Realitaet, dass ich fast zehn Jahre meines Lebens absolut neben der Spur gelaufen bin. Es ist Fakt, dass ich mehr in Kliniken als zuhause war. Es ist die Wahrheit, dass ich diese verlorenen Jahre nicht nachholen kann.
Wenn ich an die Jetzt-Zeit denke, sehe ich immer noch keinen Mann an meiner Seite, ich habe kein Haus gebaut, ich habe einen Job, den andere gar nicht als Job ansehen. Ich tanze aus der Reihe. 11 Monate im Jahr tue ich das gerne, doch im Dezember will ich normal sein – obwohl ich weiss, das das normale Leben nichts fuer mich ist.
Ich beginne mich selbst zu hasse. Mein Tun zu verachten.
Bis vor zwei Jahren hatte ich jeden Dezeber bis Anfang Januar einen R;ckfall in die Bulimie. Ich habe in der Weihnachtszeit gekotzt, weil mich diese Tage, meine Gedanken und die gespielte Freude meiner Mitmenschen angekotzt haben. Ich verstehe nicht, warum man an Weihnachten sagt, dass man sich lieb hat, und sobald das neue Jahr beginnt, streitet man sich wieder. Das will mir nicht in den Kopf. Deshalb habe ich beschlossen, den Dezember zu ignorieren.
Vollstaendig ignorieren kann man die Festtage nat;rlich nicht, aber ich versuche es trotzdem so gut es geht. Ich lasse mich und mein Essverhalten nicht mehr beeinflussen. Ich grenze mich ab. Wenn es moeglich ist, fahre ich sogar in den Urlaub. Der Dezember ist auch nur ein »normaler« Monat. Wenn man einen guten Vorsatz hat, kann man ihn an jedem Tag starten. Dafгуr braucht man keinen 1. Januar. Wenn man etwas erreichen will, kann man jetzt damit anfangen.
Rueckblicke sind wichtig, aber was noch deutlich wichtiger ist, ist der Blick nach vorne.


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