Nachwort

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Feuerhaken als Argument
 
Ver;ffentlicht am 21.04.2001  | Lesedauer: 5 Minuten 


Von Jost Nolte 



Wie die Philosophen Wittgenstein und Popper 1946 in Cambridge ihre Feindschaft austrugen






 
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Es ist ein bisschen fr;h im Kalender, aber die riskante Behauptung sei trotzdem erlaubt, dass die BBC-Journalisten David J. Edmonds und John A. Eidinow eines der am;santesten B;cher des Jahres 2001 geschrieben haben. Ihr Kunstst;ck besteht in der Kombination einer waschechten Kriminalgeschichte mit einem Crashkurs in Philosophie. T;ter: der Denker Ludwig Wittgenstein. Tatopfer: Wittgensteins Kollege Karl Popper. Tatzeit: 25. Oktober 1946. Tatort: Cambridge, King's College, Gibbs Building, Aufgang H, Appartement 3. Tatwerkzeug: ein gl;hender Feuerhaken, mit dem Wittgenstein, dem die Ausf;hrungen Poppers nicht in den Kram passten, diesen bedroht haben soll. Tatzeugen: lauter Philosophen, unter ihnen der Altmeister Bertrand Russel. Obwohl aber alle Anwesenden auf Erkenntnis dressiert waren, klaffen ihre Aussagen ;ber ein und denselben Vorgang unvereinbar auseinander ("Wie Ludwig Wittgenstein Karl Popper mit dem Feuerhaken drohte". DVA, Stuttgart. 284 S., 39,80 Mark).

Wichtig ist, dass beide Hauptbeteiligte Emigranten waren. Sowohl Wittgenstein als auch Popper kamen aus Wien nach England, und beide stammten aus assimilierten j;dischen Familien, wenn sie auch in unterschiedlichen Etagen der Gesellschaft zu Hause waren. Der Reichtum der Wittgensteins erlaubte ihnen, von Hitler bedrohte Angeh;rige freizukaufen, und sie retteten trotzdem ein betr;chtliches Verm;gen vor ihm. Poppers Vater war ein angesehener Anwalt. In der Inflation oder der Weltwirtschaftskrise verlor er sein Geld. Die Verwandten der Mutter traf es noch h;rter. Die Nazis brachten 16 von ihnen um.

Von diesen Schicksalen abgesehen, verband und trennte Wittgenstein und Popper, dass jeder von ihnen auf seine Weise ein einigerma;en schwieriger Zeitgenosse war. Wittgenstein hat die meisten Menschen, die ihn in persona erlebten, gr;ndlich verst;rt, die Anh;nger ebenso wie andere. Menschenfreundliche Z;ge werden ihm so selten nachger;hmt, dass sie generell infrage gestellt werden d;rfen. Karl Poppers Anspr;che an Kollegen und Sch;ler waren ebenfalls strapazi;s, aber er war im Stande, Freundschaften Vorrang vor ;berzeugungen zu geben.



Das Werk des Ludwig Wittgenstein zerf;llt in zug;ngliche und unzug;ngliche S;tze. Die zug;nglichen S;tze rechtfertigen es, ihm Genie nachzusagen. Die anderen lassen es immerhin vermuten. Der erste Satz des ber;hmten "Tractatus logico-philosophicus" lautet: "Die Welt ist alles, was der Fall ist." Der letzte Satz der Abhandlung hei;t: "Wovon man nicht sprechen kann, dar;ber muss man schweigen." Beide S;tze werden gern zitiert, um Kennerschaft zu beweisen; die S;tze zwischen ihnen sind in der Mehrzahl Fallgruben. Doch auch die verst;ndlichen S;tze sind in Kenntnis der Bemerkung des Verfassers zu lesen, seine Abhandlung bestehe aus dem, was er vorlege, und aus allem, was er nicht geschrieben habe, und dieser zweite Teil sei der wichtige. Ferner bleibt zu kl;ren, was der sp;tere Wittgenstein mit dem Autor des Traktates zu tun hat, das hei;t, wie weit Wittgenstein II noch mit Wittgenstein I ;bereinstimmt, nachdem er sich zu glauben entschlossen hat, die Sprache verberge nichts und Aufgabe des Philosophen sei es, der Fliege den Ausweg aus dem Fliegenglas zu zeigen.

Karl Popper behauptete sp;ter, f;r Wittgenstein II gelte wie zuvor f;r Wittgenstein I, dass sie f;lschlich dringende und ernsthafte Probleme der Philosophie ausschlie;lich als sprachliche R;tsel behandelten. Er f;gte hinzu, Wittgenstein selber sei die Fliege, die aus dem Glas nicht herausfinde. W;hrend Wittgenstein Probleme f;r Krampfzust;nde der Sprache hielt, fragte Popper, ob es erlaubt war, vom Besonderen auf das Allgemeine zu schlie;en oder nicht, ob uns unsere Sinne zur Erkenntnis verhelfen oder nicht, ob es potenzielle oder sogar tats;chliche Unendlichkeiten gibt; ihn besch;ftigte, wie sicher wir sein d;rfen, ob morgen die Sonne aufgeht, ob es vor dem Jahre 2050 zum atomaren Holocaust kommt oder ob die offene Gesellschaft endg;ltig ;ber den Totalitarismus triumphiert - lauter Probleme. Was die Methode anging, ist es Poppers Verdienst, dass er Falsifikation gegen Verifikation ausspielte, also Widerlegung gegen Best;tigung.

An jenem 25. Oktober des Jahres 1946 waren die Schriften von Wittgenstein II noch nicht auf dem Markt, und deswegen kannte Popper sie nicht. Die Meinungsverschiedenheiten lagen f;r ihn wie f;r Wittgenstein dennoch offen zu Tage. Und beim Zwist sollte es bleiben: Popper bl;tterte Probleme auf, Wittgenstein glaubte nur an sprachliche Krampfzust;nde und wollte sie therapieren.



Ob der Feuerhaken gl;hte oder nicht, ob Wittgenstein nur mit dieser Waffe spielte, mit ihr heftiger fuchtelte oder dem Kollegen mit ihr drohte, entscheidend ist, ob Wittgenstein das Spiel verloren gegeben hat, als er den Raum mitten im Streit verlie;. Fast so wichtig ist, ob er dies tat, nachdem Popper ihm auf seine Frage nach einer allgemein g;ltigen philosophischen Einsicht mit dem Beispiel antwortete: "Man soll einem Gast nicht mit dem Feuerhaken drohen." M;glich ist allerdings auch, dass jemand anders diese Frage gestellt und Poppers Antwort provoziert hat, als die Wut Wittgenstein schon vor die T;r getrieben hatte.

David J. Edmonds und John A. Eidinow vermuten dies zugunsten Wittgensteins, k;nnen es aber nicht beweisen. Bei allem Scharfsinn neigen sie ;berhaupt dazu, Wittgenstein zu bevorzugen. Popper geben sie nur Recht, wenn es unbedingt sein muss. Daran ist richtig, dass Wittgenstein nach wie vor Konjunktur hat. Falsch ist hingegen der Vorschlag, Popper mitsamt seinem Lob der "Offenen Gesellschaft" einzumotten, weil Hitler und Stalin zum Gl;ck passee sind. Vom Restbestand totalit;rer Gesellschaften in der Welt abgesehen, k;nnte das Erwachen zu hart werden, wenn sich das Blatt zugunsten von Gewaltherrschaften wendet. Die Hoffnung, gl;ckliche weltgeschichtliche Entwicklungen seien unumkehrbar, gilt auch nur so lange, wie sie nicht widerlegt ist.

;brigens, der Feuerhaken, der wie nur wenige Gegenst;nde als Reliquie der Philosophie geeignet w;re, ist verschwunden. M;ge es einem Philosophen in Cambridge verg;nnt sein, ihn wiederzufinden.





Fliege - Deutsche Redewendungen

;ber Br;ssel fliegen

;ber etwas fliegen

;berfliegen

auffliegen

aus dem Job fliegen

ausfliegen

Billigflieger, der

dreinhauen, dass die Fetzen fliegen

Du glaubst wohl, ich kann fliegen?

durchfliegen

ein Buch ;berfliegen

Ein Vogel kann nicht mit einem Fl;gel fliegen

eine Eintagsfliege

einer, der Missst;nde auffliegen l;sst

Er sieht aus als k;nne er keiner Fliege etwas zuleide tun

Er tut keiner Fliege etwas zuleide

Er w;rde keiner Fliege was zuleide tun

Er war nur eine Eintagsfliege

fliegen

hinweggerafft werden wie die Fliegen

hochfliegend

hochkant rausfliegen

Ich habe vor, n;chste Woche nach Bangkok zu fliegen

Ich schlug zwei Fliegen mit einer Klappe

In der Not frisst der Teufel Fliegen

in maximal m;glicher H;he fliegend

jemanden auffliegen lassen

jemanden/etwas auffliegen lassen

Mach die Fliege

Mach die Fliege!

mit fliegenden Fahnen

mit fliegenden Fahnen bestehen

mit fliegenden Fahnen untergehen

Mit Honig f;ngt man mehr Fliegen als mit Essig

rausfliegen

Sein Erfolg war nur eine Eintagsfliege

Sie fielen um wie die Fliegen

Und Schweine k;nnen fliegen!

Und wann m;chten Sie fliegen

verfliegen

von der Schule fliegen

wegfliegen

Wenn Gott gewollt h;tte, dass wir fliegen, h;tte er uns Fl;gel gegeben

wie die Fliegen umfallen

zufliegen

zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen


Die Praxis gibt den Worten ihren Sinn ... "
Ludwig Wittgestein

Was ist dein Ziel in der Philosophie? Der Fliege den Ausweg aus dem Fliegenglas zeigen

Sprachspiel






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Unter Sprachspiel (engl. language game) wird allgemein eine sprachliche ;u;erung verstanden, die innerhalb einer bestimmten Verwendungssituation auftritt. Der Begriff wurde vor allem durch Ludwig Wittgensteins (1889–1951) Hauptwerk Philosophische Untersuchungen popul;r und im philosophischen Diskurs etabliert.


Inhaltsverzeichnis
1 Sprachspiel nach Wittgenstein
2 Spiel mit der Sprache in der Vorschulerziehung
3 Spiel mit der Sprache in der Literatur
4 Literatur
5 Weblinks
6 Einzelnachweise

Sprachspiel nach Wittgenstein[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Allgemein kann man unter Sprachspiel jede Form der sprachlichen ;u;erung innerhalb eines praktischen Kontexts verstehen, also die unz;hligen Arten des Zeichen-, Wort- und Satz­gebrauchs. Wittgenstein betont dies mit dem Begriff, dass „das Sprechen der Sprache ein Teil [...] einer T;tigkeit, oder einer Lebensform [ist]“.[1] Dabei k;nnen diese sprachlichen ;u;erungen von kleinen Lauten wie „Aua“ oder „Hilfe!“ bis zu komplexen sprachlichen Systemen reichen: Auch die Philosophie, eine Fachsprache, ein Witz, ein literarischer Text oder andere Sprachformen k;nnen daher als Sprachspiele bezeichnet werden.

Im weiteren Sinne z;hlen auch ;u;erungsformen wie diejenigen der Mathematik oder der formalen Logik zu den Sprachspielen. Diese zeichnen sich gegen;ber anderen allt;glichen Sprachspielen durch einen vergleichsweise hohen Grad an Pr;zision bez;glich der verwendeten Ausdr;cke aus.

Innerhalb von Wittgensteins eigenem Werk sind Sprachspiele oft bestimmte Gedankenexperimente, in denen ein eng umrissener Gebrauch von Worten dargestellt wird, um an simplen Beispielen ihre Verwendungsweise zu studieren. Diese Sprachspiele sind von der Sprache des Alltags zu unterscheiden. Wittgenstein versucht allerdings mit ihnen bestimmte Aspekte der Sprachpraxis im Allgemeinen zu erl;utern. Die genaue Darstellung von Sprachspielen dient bei Wittgenstein zumeist dem Zweck, das Entstehen philosophischer Probleme auf missverstandene Sprachspiele zur;ckzuf;hren.

Zentraler Gedanke f;r Wittgensteins Sprachspiel-Begriff ist, dass jede sprachliche ;u;erung in einer menschlichen Praxis beheimatet ist. Nur innerhalb dieser (zum gro;en Teil nichtsprachlichen) Praxis machen die vielen verschiedenen Sprachspiele Sinn. Ein Wort, ein Begriff oder ein Satz hat seine Bedeutung also nicht unabh;ngig davon, was man mit diesem Wort, dem Begriff oder dem Satz tut und in welcher Situation man ihn ;u;ert. In den Philosophischen Untersuchungen brachte Wittgenstein dies auf die Formel:




„Ich werde auch das Ganze: der Sprache und der T;tigkeiten, mit denen sie verwoben ist, das »Sprachspiel« nennen.“

– Wittgenstein, PU § 7

Im Braunen Buch, einer Vorstufe der Philosophischen Untersuchungen, bezeichnete Wittgenstein die Sprachspiele noch als „in sich geschlossene Systeme der Verst;ndigung“[2]. Diese Formulierung taucht in den Philosophischen Untersuchungen jedoch nicht mehr auf. Sprachspiele sind grunds;tzlich offen, lassen sich zumindest theoretisch beliebig erweitern oder ver;ndern. Auch ist es nach Wittgensteins Auffassung in den seltensten F;llen sinnvoll, eine „geschlossene“, also klar definierte und abgegrenzte Verwendung eines Begriffs zu fordern oder zu suchen. Viele Begriffe (viele Sprachspiele) seien gerade dadurch praktikabel, dass man keine genauen Grenzen f;r ihren Gebrauch ziehen kann. Exemplarisch erl;utert dies Wittgenstein anhand des Begriffes „Spiel“:




„Betrachte z. B. einmal die Vorg;nge, die wir »Spiele« nennen. Ich meine Brettspiele, Kartenspiele, Ballspiel, Kampfspiele, usw. Was ist allen diesen gemeinsam? – Sag nicht: »Es mu; ihnen etwas gemeinsam sein, sonst hie;en sie nicht ›Spiele‹ « – sondern schau, ob ihnen allen etwas gemeinsam ist. – Denn wenn du sie anschaust, wirst du zwar nicht etwas sehen, was allen gemeinsam w;re, aber du wirst ;hnlichkeiten, Verwandtschaften, sehen, und zwar eine ganze Reihe. Wie gesagt: denk nicht, sondern schau! – Schau z. B. die Brettspiele an, mit ihren mannigfachen Verwandtschaften. Nun geh zu den Kartenspielen ;ber: hier findest du viele Entsprechungen mit jener ersten Klasse, aber viele gemeinsame Z;ge verschwinden, andere treten auf. Wenn wir nun zu den Ballspielen ;bergehen, so bleibt manches Gemeinsame erhalten, aber vieles geht verloren. – Sind sie alle ›unterhaltend‹. Vergleiche Schach mit dem M;hlfahren. Oder gibt es ;berall ein Gewinnen und Verlieren, oder eine Konkurrenz der Spielenden? Denk an die Patiencen. In den Ballspielen gibt es Gewinnen und Verlieren; aber wenn ein Kind den Ball an die Wand wirft und wieder auff;ngt, so ist dieser Zug verschwunden. Schau, welche Rolle Geschick und Gl;ck spielen. Und wie verschieden ist Geschick im Schachspiel und Geschick im Tennisspiel. Denk nun an die Reigenspiele: Hier ist das Element der Unterhaltung, aber wie viele der anderen Charakterz;ge sind verschwunden! Und so k;nnen wir durch die vielen, vielen anderen Gruppen von Spielen gehen. ;hnlichkeiten auftauchen und verschwinden sehen. Und das Ergebnis dieser Betrachtung lautet nun: Wir sehen ein kompliziertes Netz von ;hnlichkeiten, die einander ;bergreifen und kreuzen. ;hnlichkeiten im Gro;en und Kleinen.“

– Wittgenstein, PU § 66

Diese ;hnlichkeiten, durch welche die Sprachspiele untereinander verwandt sind, nennt Wittgenstein Familien;hnlichkeiten.

Der Begriff „Spiel“ im Wort „Sprachspiel“ betont also zum einen, dass Sprachspiele in eine menschliche Praxis eingebettet sind: Sprachliche ;u;erungen (Sprachspiele) haben demnach auch nur dann einen Sinn, wenn sie eine bestimmte Verwendung und Funktion innerhalb einer Lebensform haben. Zum anderen verweist der Begriff des Spiels darauf, dass den vielen verschiedenen Sprachspielen nicht notwendigerweise irgendetwas gemeinsam zu Grunde liegt.

Manche Sprachspiele bauen dabei aufeinander auf. Um etwa an einem philosophischen Sprachspiel teilzunehmen (zum Beispiel wenn ;ber die Verwendung des Begriffs „Sprachspiel“ diskutiert wird), muss bereits die Beherrschung vieler anderer Sprachspiele vorausgesetzt werden. Ein Mensch kann nicht sofort damit beginnen zu philosophieren, sondern muss die Sprache zun;chst erwerben, also – in Wittgensteins Worten – zur Verwendung vieler Worte und S;tze „abgerichtet“ werden (PU § 27).

Jedes Sprachspiel hat dabei bestimmte Regeln: jedes Wort, jeder Satz, hat bestimmte Regeln f;r seinen Gebrauch. Diese Regeln f;r den richtigen Gebrauch der Sprache sind Konventionen bzw. Gepflogenheiten, die Menschen innerhalb einer Lebensform teilen. Ein Sprachspiel ist daher prinzipiell nur in einem sozialen Kontext denkbar. Ein Mensch allein w;re laut Wittgenstein nicht f;hig, ein Sprachspiel zu etablieren. Dies hat Wittgenstein in seinem ber;hmten Privatsprachenargument zu zeigen versucht.

Spiel mit der Sprache in der Vorschulerziehung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Ausdruck „Sprachspiel“ wird auch in einem weiteren Sinne von „Spiel mit der Sprache“ verwendet. Dabei geht es um einen kreativ-spielerischen Umgang mit Strukturen und Bedeutungen und sogar mit der optischen Dimension geschriebener Sprache. Ein Beispiel sind Kinderanekdoten, Abz;hlreime und spielerische Wiederholungen. Solche „Spielsprachen“ sind Gegenstand u. a. der Vorschulp;dagogik – etwa im Zusammenhang mit Sprachf;rderung, aber auch in Verbindung mit einer Erziehungs­auffassung, die sich in die Situation des Kindes und dessen Sprachkompetenz einzuf;hlen versucht.

W;hrend Erwachsene ;ber differenziertere Kenntnisse und Kompetenzen verf;gen, die komplizierte sprachliche Konstrukte zu verstehen und zu produzieren erlauben, ist der Sprachgebrauch von Kindern ungezwungener und kreativer im Umgang mit Sprachnormen und Vokabular. Die spielerische Lust an der Sprache ist dabei ein starkes Motiv f;r den Spracherwerb. H;ufig entdecken Erwachsene darin nur eine Unvollkommenheit sprachlichen Ausdrucks.

Spiel mit der Sprache in der Literatur

Als Sprachspiele im weiteren Sinne k;nnte man auch die konkrete Poesie (visuelle Poesie) bezeichnen, die vor allem die optischen und akustischen Aspekte der Sprache zum Anlass nimmt, in Abweichung von den offiziellen Normen der Sprache zu spielen und Formen der Darstellung unkonventionell zu variieren. Ihrer Theorie zufolge stellt „Konkrete Poesie“ keine Sachverhalte mehr dar – au;er sich selbst. Insofern ist das Spiel mit der Sprache das Ziel dieser Art der Sprachmanipulation.




04.09.1967



PHILOSOPHIE / WITTGENSTEIN

Verstand verhext


Ludwig Wittgenstein, der deutschsprachige Philosoph, der 1951 in Cambridge als Professor starb und von vielen, so von Herbert Marcuse, als Zerst;rer der Philosophie angesehen wird, verstand sich auf das Staunen wie kaum ein anderer Denker zuvor. Operationsfeld seines Staunens war die Sprache, zumal die des Alltags.

Er stutzte bei S;tzen wie "Rot ist keine Mischfarbe" oder "Diese Vorrichtung ist eine Bremse, funktioniert aber nicht" und fragte beispielsweise danach, ob man einem anderen befehlen k;nne: "Habe Schmerzen!"

717 Aphorismen des Erstaunens ver;ffentlichten jetzt zwei der drei von Wittgenstein mit der Herausgabe seines Nachlasses betrauten Philosophen: der in Helsinki ans;ssige Professor Georg Henrik von Wright und die in Oxford Philosophie lehrende Elizabeth Anscombe. Sie hatten die Aphorismen in einer Schachtel mit der Aufschrift "Zettel" gefunden. Unter diesem deutschsprachigen Titel gaben sie den Fund jetzt heraus*.

S;tze, die sein Staunen erregten, kritzelte Wittgenstein, wo und wann sie ihm immer einfielen, in ein Notizbuch. Zu Hause k;rzte und schliff er sie und notierte Reflexionen. Wenn er dazu kam, trug er alles in Folianten ein. Zumeist diktierte er am Ende die Eintragungen in die Maschine, manchmal sieben Stunden hindurch, w;hrend des Diktats st;ndig verbessernd.

"Wie die Schreibkraft das aushielt, wei; ich nicht", erinnert sich noch heute der dritte Nachla;-Verwalter, der in Swansea (Wales) lehrende Logik-Professor Rush Rhees, in dessen Haus Wittgenstein des ;fteren seine Ferien verbrachte.

"Wie beobachte ich mein Wissen. meine Meinungen?" notierte Wittgenstein auf einem seiner Denk-Zettel und bohrte weiter mit Fragen wie:

> "Gibt es ein ununterbrochenes Beobachten meiner F;higkeit, die Multiplikation auszuf;hren?"

> "Wie wei; ich, da; einer entz;ckt ist? Wie lernt man den sprachlichen

* Anscombe/Wright; "Zettel". Basil Blackwell, Oxford: 256 Seiten: 37 sh. 6d.

Ausdruck des Entz;ckens? Fragen wir einen, was er in der Brust, in den Gesichtsmuskeln sp;rt, um herauszufinden, ob er Genu; empfindet?"

> "Ist L;gen ein bestimmtes Erlebnis? Nun" kann ich denn jemandem sagen, "Ich werde dich jetzt anl;gen", und es dann tun?"

> "Und versuch einmal, ;ber etwas sehr Trauriges nachzudenken mit dem Gesichtsausdruck strahlender Freude!"

Wittgensteins schier unersch;pfliche F;higkeit, sich zu wundern, mag auch aus seinem distanzierten Verh;ltnis zur Umwelt erkl;rbar sein.

1889 in Wien als Sohn einer sehr reichen Familie geboren, verschenkte er sein gesamtes Verm;gen nach dem Ersten Weltkrieg, in dem er als ;sterreichischer Offizier wegen ungew;hnlicher Verwegenheit mehrfach ausgezeichnet worden war.

Vor dem Kriege hatte Wittgenstein Maschinenbau, angewandte und reine Mathematik studiert, hatte bei Gottlob Frege, dem Begr;nder der Logistik, in Jena und bei Bertrand Russell in Cambridge geh;rt.

Schlie;lich hatte er sich an der norwegischen Westk;ste ein Blockhaus errichtet. Der Krieg ;berraschte ihn mitten in seinen ersten einsamen Meditationen ;ber die Sprache.

1921 ver;ffentlichte Wittgenstein die Summe seiner norwegischen Meditationen, den knapp 100 Seiten umfassenden "Tractatus logico-philosophicus".

"Wovon man nicht sprechen kann, dar;ber mu; man schweigen",erk;ndete Wittgenstein zum Schlu; des Traktats, und es gab, nach seiner damaligen Ansicht, nur wenig, wor;ber philosophisch zureichend gesprochen werden konnte: n;mlich nur noch die nachpr;fbaren S;tze der Naturwissenschaft.

Er selbst wandte anschlie;end der Philosophie den R;cken, legte Krawatte und Hut f;r immer ab und lebte als Lehrer oder G;rtner.

Doch 1929 kehrte er nach Cambridge und zur Philosophie zur;ck, wurde Professor und begann, seine Notizb;cher und Mappen mit den Ergebnissen seiner unerm;dlichen Sprachkritik zu f;llen.

Als er 1951 starb, hinterlie; er rund 7000 Bl;tter: Notizb;cher und Manuskripte, maschinengeschriebene Texte und herausgeschnipselte Bruchst;cke aus weggeworfenen Papieren.

Zwei Jahre nach Wittgensteins Tod ver;ffentlichten die Nachla;-Bearbeiter ein noch vom Philosophen nahezu fertiggestelltes Werk "Philosophische Untersuchungen", sp;ter einen Band "Philosophische Bemerkungen", der auf Manuskripte aus den Jahren 1929 und 1930 zur;ckgeht.

Professor Rush Rhees hofft, aus den 3000 von ihm verwahrten Wittgenstein-Bl;ttern noch drei oder vier B;cher komponieren zu k;nnen.

Der Rest der Bl;tter befindet sich in der Verwahrung der "Zettel"-Herausgeberin Elizabeth Anscombe und eines Wittgenstein-Neffen, der aber nur Sammler ist.

Die "Zettel" wurden von Wittgenstein zwischen 1929 und 1948 bekritzel. Sie reflektierten die Wendung, die seine Philosophie seit dem Traktat genommen hatte.

Hatte Wittgenstein damals die Theorie einer logischen Idealsprache entwickelt, die f;r alle Wissenschaften gelten sollte, so sah er nun in der Philosophie nur noch "einen Kampf gegen die Verhexung unseres Verstandes durch die Mittel unserer Sprache".

Diese Verhexung enth;llte er in "Sprachspielen", von denen die "Zettel" eine Kollektion bieten. Darin versuchte er, das Willk;rliche grammatischer und syntaktischer Regeln und damit der von ihnen abh;ngigen Philosophie zu zeigen.

So konstruierte er auf Zettel 148 eine neue Sprache, deren Regel zwar willk;rlich gew;hlt war, aber nicht willk;rlicher als, wie er meinte, die der gebr;uchlichen -- eine Sprache, in der die Bedeutung der Worte je nach Tageszeit wechseln sollte: "Vormittag hei;t das Wort A dies, Nachmittag jenes."


DER SPIEGEL 37/1967
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Philosophische Untersuchungen

Die Philosophischen Untersuchungen sind Ludwig Wittgensteins sp;tes, zweites Hauptwerk. Das Buch formuliert die Grundgedanken der Philosophie der normalen Sprache. Die Philosophischen Untersuchungen ;bten einen au;erordentlichen Einfluss auf die Philosophie der 2. H;lfte des 20. Jahrhunderts aus; unter anderem die Sprechakttheorie bei John Langshaw Austin und John Rogers Searle sowie der Erlanger Konstruktivismus (Paul Lorenzen, Kuno Lorenz) bauen auf den hier entwickelten Ideen auf. Auch die Transzendentalpragmatik von Karl-Otto Apel und die Universalpragmatik von J;rgen Habermas sind ma;geblich davon beeinflusst. Das Buch richtet sich gegen die Philosophie der idealen Sprache, die neben Bertrand Russell und Rudolf Carnap vor allem Wittgenstein selbst noch in seinem ersten Hauptwerk, dem Tractatus Logico-Philosophicus, vertreten hatte.

Das Buch ist in den Jahren 1936 bis 1946 entstanden, wurde aber erst 1953, zwei Jahre nach dem Tod des Autors, ver;ffentlicht. Im Gegensatz zu dem streng systematischen Aufbau des Tractatus sind die Philosophischen Untersuchungen eine mehr oder minder lose Sammlung von Aphorismen und Notizen. Nach Wittgensteins Aussage hat er mehrmals versucht, seine Ergebnisse „zu einem solchen Ganzen zusammenzuschwei;en“, bis er einsehen musste, dass ihm „dies nie gelingen w;rde“ (Vorwort). Nichtsdestoweniger lassen sich doch eine ganze Reihe von Thesen zu unterschiedlichen Themenkomplexen identifizieren, die im Folgenden kurz vorgestellt werden sollen.

Die Gebrauchstheorie der Bedeutung
Wittgenstein richtet sich gegen die so genannte „realistische“ Theorie der Bedeutung, nach der gilt: „Jedes Wort hat eine Bedeutung. […] Sie ist der Gegenstand, f;r welchen das Wort steht.“ (PU 1). Dieser Theorie zufolge w;re die Bedeutung des Wortes „rot“ etwa ein abstrakter Gegenstand, die Farbe Rot. F;r Wittgenstein ist dagegen die Bedeutung eines Wortes in den meisten F;llen durch seinen Gebrauch festgelegt: „Man kann f;r eine gro;e Klasse von F;llen der Ben;tzung des Wortes "Bedeutung" - wenn auch nicht f;r alle F;lle seiner Ben;tzung - dieses Wort so erkl;ren: Die Bedeutung eines Wortes ist sein Gebrauch in der Sprache“ (PU 43).

Der Gebrauch eines Wortes wird durch Regeln bestimmt, ;hnlich wie die korrekte Verwendung einer Schachfigur: „Die Frage ‚Was ist eigentlich ein Wort?‘ ist analog der ‚Was ist eine Schachfigur?‘“ (PU 108). Die Bedeutung des Wortes „rot“ zu kennen, bedeutet eine Regel zu haben, mit der man rote von nicht-roten Dingen unterscheiden kann. Ein Kaufmann, von dem man rote ;pfel verlangt, k;nnte beispielsweise die ;pfel neben ein Farbmuster halten, um festzustellen, ob sie rot sind (PU 1). Der enge Zusammenhang, den Wittgenstein zwischen der Bedeutung eines Wortes und den Regeln f;r seinen Gebrauch sieht, kommt auch in folgendem Zitat zum Ausdruck: „Wie erkenne ich, dass diese Farbe Rot ist. Eine Antwort w;re ‚Ich habe Deutsch gelernt.‘“ (PU 381).

Sprachspiel und Lebensform

Die Regeln des Gebrauchs eines Wortes sind dadurch bestimmt, dass sprachliche ;u;erungen im t;glichen Miteinander eine bestimmte Funktion ;bernehmen. „Sieh den Satz als Instrument an und seinen Sinn als seine Verwendung.“ (PU 421). Diese Funktion kann jedoch in verschiedenen Situationen unterschiedlich sein. F;r das Vorkommen von Sprache in konkreten Zusammenh;ngen verwendet Wittgenstein das Wort „Sprachspiel“: Wittgenstein gibt eine Reihe von Beispielen f;r Sprachspiele „Befehlen und nach Befehlen handeln – Beschreiben eines Gegenstandes nach dem Ansehen – Herstellen eines Gegenstandes nach einer Beschreibung – Berichten eines Herganges […] – Bitten, Danken, Fluchen, Gr;;en, Beten“ (PU 23).

F;r die Gesamtheit der Handlungsmuster in einer Kultur verwendet Wittgenstein das Wort „Lebensform“. Die einzelnen Sprachspiele sind letztlich immer in eine Lebensform eingebettet: „Das Wort ‚Sprachspiel‘ soll hier hervorheben, dass das Sprechen der Sprache ein Teil ist einer T;tigkeit, oder einer Lebensform“ (PU 23). In diesem Sinne kann Wittgenstein sagen: „Und eine Sprache vorstellen hei;t, sich eine Lebensform vorstellen“ (PU 19).

Einer Regel folgen

Die Regeln des Gebrauchs eines Wortes lassen sich nach Wittgenstein durch Vor- und Nachmachen vermitteln: „Ich mach's ihm vor, er macht's mir nach; und ich beeinflusse ihn durch ;u;erungen der Zustimmung, der Ablehnung […] usw. Denke, du w;rst Zeuge eines solchen Unterrichts. Es w;rde darin kein Wort durch sich selbst erkl;rt, kein logischer Zirkel gemacht.“ (PU 208). Wittgenstein st;;t jedoch auf die folgende Schwierigkeit: Eine Regel wird immer nur an endlich vielen Beispielen gelernt, soll aber letztlich auf unendlich viele F;lle anwendbar sein. Daraus ergibt sich, dass die Regel das zu lernende Handlungsmuster nicht festlegt, es gibt immer eine Vielzahl von Mustern, die mit ihr kompatibel sind: „Unser Paradox war dies: eine Regel k;nnte keine Handlungsweise bestimmen, da jede Handlungsweise mit der Regel in ;bereinstimmung zu bringen sei“ (PU 201).

Wittgensteins L;sung f;r dieses Problem ist folgende: Die Tatsache, dass es eine Menge von M;glichkeiten gibt, die Regel fortzusetzen, hei;t nicht, dass wir uns bewusst f;r eine dieser M;glichkeiten entscheiden. Sie dr;ngt sich uns vielmehr unmittelbar auf: „Wenn ich der Regel folge, w;hle ich nicht. Ich folge der Regel blind.“ (PU 219). Ein theoretisch m;glicher Zweifel hat praktisch in dieser Situation keinen Platz. „Es war, unter Umst;nden ein Zweifel m;glich. Aber das sagt nicht, dass ich gezweifelt habe oder auch nur zweifeln konnte“ (PU 213).

Die therapeutische Funktion der Philosophie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Diese Stelle exemplifiziert eine Argumentationsfigur, die typisch f;r die Philosophischen Untersuchungen ist: Nach Wittgenstein ergeben sich viele philosophische Probleme dadurch, dass Begriffe ihrem angestammten Kontext, ihrem Sprachspiel, entfremdet werden, und ungerechtfertigt auf einen anderen Zusammenhang angewendet werden. Die L;sung eines philosophischen Problems besteht oft darin, eine solche ungerechtfertigte ;bertragung aufzudecken: „Wir f;hren die W;rter von ihrer metaphysischen auf ihre allt;gliche Verwendung zur;ck“ (PU 116).

Beispielsweise ist der Zweifel ein Sprachspiel, der seinen eigenen Bedingungen und Regeln folgt und nicht in jeder Situation Platz hat. Durch diese ;berlegung wird ein philosophischer Zweifel wie der Skeptizismus, der an allem zweifelt, als unsinnig entlarvt. „Aber das sagt nicht, dass wir zweifeln, weil wir uns einen Zweifel denken k;nnen“ (PU 84).

Mit einem vergleichbaren Argument kritisiert Wittgenstein die Grundfrage des logischen Atomismus nach den Grundbestandteilen der Welt: „Auf die philosophische Frage: ‚Ist das Gesichtsbild dieses Baumes zusammengesetzt und welches sind seine Bestandteile‘ ist die richtige Antwort ‚Das kommt drauf an, was Du unter ‚zusammengesetzt‘ verstehst‘ (Und das ist nat;rlich keine Beantwortung, sondern eine Zur;ckweisung der Frage.)“ (PU 47). Die Frage nach einer Zusammensetzung ist ein Sprachspiel, das sich nicht auf einen derart abstrakten Kontext ;bertragen l;sst.

In ;hnlicher Weise l;st Wittgenstein das Induktionsproblem auf, bei dem die Praxis des Lernens aus Erfahrung in Frage gestellt wird: „Die Gewissheit, dass Feuer mich brennen wird, gr;ndet sich auf Induktion. […] Ist die Zuversicht gerechtfertigt? Was die Menschen als Rechtfertigung gelten lassen, zeigt, wie sie denken und leben“ (PU 325). Letztlich gr;ndet die ;berzeugung, dass wir aus Erfahrung lernen k;nnen, in unserer Lebenswelt. Eine st;rkere Rechtfertigung kann die Philosophie nicht liefern und auch nicht verlangen. In diesem Sinne sagt Wittgenstein: „Unser Fehler ist dort nach einer Erkl;rung zu suchen, wo wir die Tatsachen als ‚Urph;nomene‘ sehen sollten. D.h. wo wir sagen sollten: dieses Sprachspiel wird gespielt“ (PU 654).

Privatsprache

Eine Privatsprache ist nach Wittgenstein eine Sprache oder Sprachspiel, bei welcher prinzipiell nur der Sprecher selbst um die Bedeutung der Worte dieser Sprache wissen kann. Der Fall eines Robinson Crusoe z;hlt nicht als Privatsprache, weil dieser prinzipiell in der Lage ist, die Bedeutung seiner Sprachelemente anderen mitzuteilen. Wittgensteins Beispiel ist eine Empfindungssprache: „Die W;rter dieser Sprache sollen sich auf das beziehen, wovon nur der Sprechende wissen kann; auf seine unmittelbaren, privaten Empfindungen.“ (PU 243). Im Privatsprachenargument zeigt er, dass die Verwendung von W;rtern einer Privatsprache sinnlos ist. Indem Wittgenstein sich gegen die M;glichkeit einer solchen Sprache wendet (PU 258), wendet er sich gleichzeitig gegen die These, dass in unserer eigenen Sprache Begriffe f;r Psychisches, wie z. B. das Wort „Schmerz“, auf solche privaten Episoden Bezug nehmen. Nach Wittgensteins Bedeutungstheorie lernen wir solche W;rter in intersubjektiven Sprachspielen. Ein rein privates Erlebnis l;sst sich aber nicht intersubjektiv vermitteln, wohl aber der Umgang mit ihm. Diese These kommt in dem ber;hmten K;fer-Gleichnis zum Ausdruck: „Angenommen, es h;tte jeder eine Schachtel, darin w;re etwas, was wir ‚K;fer‘ nennen. Niemand kann je in die Schachtel des Anderen schauen, und jeder sagt, er wisse nur vom Anblick seines K;fers, was ein K;fer ist. […] Das Ding in der Schachtel geh;rt ;berhaupt nicht zum Sprachspiel, auch nicht einmal als ein Etwas, denn die Schachtel k;nnte auch leer sein“ (PU 293).

Sprechen ;ber psychische Vorg;nge ist als Sprechen ;ber ;u;eres Verhalten zu analysieren: „Ein innerer Vorgang bedarf ;u;erer Kriterien“ (PU 580).

Familien;hnlichkeit

Kernpunkt von Wittgensteins Kritik an der Philosophie der idealen Sprache ist, dass sie mit ihrer Forderung nach Exaktheit die Unsch;rfe nat;rlichsprachiger Begriffe als ein Manko darstellt. F;r diese Unsch;rfe pr;gt Wittgenstein den Begriff „Familien;hnlichkeiten“. Er erl;utert sie in PU 66 am Beispiel des Wortes „Spiel“. Es gibt nach Wittgenstein keinen gemeinsamen Zug, der allen Spielen gemeinsam w;re. Ein anderes Moment der Unsch;rfe (Sprache) liegt darin, dass unsere Begriffe nicht in jeder, sondern nur in gew;hnlichen Situationen verl;sslich funktionieren: „Nur in normalen F;llen ist der Gebrauch der Worte uns klar vorgezeichnet; wir wissen, haben keinen Zweifel, was wir in diesem oder jenem Fall zu sagen haben“ (PU 142, siehe auch PU 80).

Diese Ungenauigkeit macht aber unsere Begriffe keineswegs unbrauchbar „Aber ist es ;berfl;ssig zu sagen: ‚Halte Dich ungef;hr hier auf‘“ (PU 71). Im Gegenteil w;re gerade eine ;bertriebene Pr;zision unzweckm;;ig: „Wenn ich nun jemandem sage: ‚Du solltest p;nktlicher zum Essen kommen […]‘ ist hier von Genauigkeit eigentlich nicht die Rede, weil man sagen kann ‚Denk an die Zeitbestimmung im Laboratorium […], da siehst Du, was ‚Genauigkeit‘ bedeutet‘“ (PU 88). Genau dies verkennt jedoch die Philosophie der idealen Sprache: „Je genauer wir die tats;chliche Sprache betrachten, desto st;rker wird der Widerstreit zwischen ihr und unserer Forderung“ (PU 107). Aus diesen Beobachtungen zieht Wittgenstein das Fazit: „Die Philosophie darf den tats;chlichen Gebrauch der Sprache in keiner Weise antasten, sie kann ihn am Ende also nur beschreiben“ (PU 124).

Zitate
„Unsere Sprache kann man ansehen als eine alte Stadt: Ein Gewinkel von G;sschen und Pl;tzen, alten und neuen H;usern, und H;usern mit Zubauten aus verschiedenen Zeiten; und dies umgeben von einer Menge neuer Vororte mit geraden und regelm;;igen Stra;en und mit einf;rmigen H;usern.“ (PU 18)
„Und in dieser Lage befindet sich z.B. der, der in der ;sthetik oder Ethik nach Definitionen sucht, die unseren Begriffen entsprechen. Frage dich in dieser Schwierigkeit immer: Wie haben wir denn die Bedeutung dieses Wortes (‚gut‘ z.B.) gelernt?“ (PU 77)
„Die Philosophie ist ein Kampf gegen die Verhexung unseres Verstandes durch die Mittel unserer Sprache.“ (PU 109)
„Es ist eine Hauptquelle unseres Unverst;ndnisses, da; wir den Gebrauch unserer W;rter nicht ;bersehen“ (PU 122)
„Die f;r uns wichtigsten Aspekte der Dinge sind durch ihre Einfachheit und Allt;glichkeit verborgen“ (PU 129)
Fliegenglas„Einer Regel folgen, eine Mitteilung machen, einen Befehl geben, eine Schachpartie spielen sind Gepflogenheiten (Gebr;uche, Institutionen). Einen Satz verstehen, hei;t eine Sprache verstehen. Eine Sprache verstehen, hei;t eine Technik beherrschen.“ (PU 199)
„Der Philosoph behandelt eine Frage; wie eine Krankheit.“ (PU 255)
„Was ist dein Ziel in der Philosophie? Der Fliege den Ausweg aus dem Fliegenglas zeigen.“ (PU 309)






Ein Fliegenglas oder Fliegenfangglas, auch Wespenglas, ist eine traditionelle Form der Insektenfalle. Es besteht aus einer meist verkorkten Glaskaraffe mit nach innen gest;lptem Boden, der in der Mitte ein kleines Loch hat, so dass um das Loch herum eine Rinne gebildet wird. Zus;tzlich befinden sich unter dem Boden kleine F;;e, die f;r einen Abstand zwischen Boden und Standfl;che sorgen, falls das Fliegenglas nicht aufgeh;ngt wird. Nach einem ;hnlichen Prinzip funktionieren Reusen zum Fangen von Wassertieren oder V;geln.

Zur Anwendung wird in die Falle eine Fl;ssigkeit gegeben, die die Insekten anlockt. F;r Fliegen und Wespen sind Fruchtsaft, Limonade, Honigwasser oder ;hnliche s;;e Fl;ssigkeiten geeignet. Um zu vermeiden, dass Bienen angelockt werden, sollte man den s;;en K;dern etwas Bier hinzugeben. Schmei;fliegen werden durch Wasser mit Fleisch- oder Fischresten vermischt angelockt, Tau- oder Obstfliegen durch Essigwasser.

Vom Geruch der Fl;ssigkeit angelockt, gelangen die Insekten durch das Bodenloch ins Gef;;, finden aber nur selten wieder heraus, da sie instinktiv in Richtung Licht fliegen – deshalb ist die Falle aus Glas. Nach einiger Zeit ertrinken sie in der Fl;ssigkeit.

W;hrend Fliegengl;ser fr;her weit verbreitet waren, sind sie im 20. Jahrhundert weitgehend durch Fliegenf;nger, Insektizide und Elektrofallen ersetzt worden. Einige handwerkliche Glasbl;sereien stellen sie bis heute her, meist in der traditionellen, mundgeblasenen Form.

Eine fr;he, detaillierte Beschreibung eines invertierten Fliegenglases (;ffnung oben) findet sich in der Oeconomischen Encyclop;die von 1778.[1]

Im W;rterbuch der Br;der Grimm hei;t es, das Fliegenglas sei ein „glas mit engem halse, in dem sich fliegen fangen“. Dieser Ausdruck werde auch bildlich genutzt, etwa wenn sich Menschen durch Versprechungen einlullen lassen. Ludwig Wittgenstein verwendete das Fliegenglas in seinen Philosophischen Untersuchungen ebenfalls bildlich: „Was ist dein Ziel in der Philosophie? Der Fliege den Ausweg aus dem Fliegenglas zeigen“ (§ 309).[3]





Wortspiele entstehen unter anderem infolge kreativen Umgangs mit Wortbildungsregeln. In der Monographie schl;gt die Autorin eine Definition und Klassifikation von Wortbildungsspielen vor dem Hintergrund von Wittgensteins Sprachspieltheorie vor. Sie untersucht, wie das Spiel mit den Wortbildungsregeln die semantische Struktur von W;rtern ver;ndert. Die Untersuchungsmethode st;tzt sich auf die Erkenntnis, dass komplexe Lexeme als pr;dikative Strukturen aufgefasst werden k;nnen. Den Analysen liegt die Dependenzgrammatik zugrunde. Die Ergebnisse weisen nach, dass durch das Wortbildungsspiel in den Pr;dikationsstrukturen bewirkte Ver;nderungen bestimmte Regelhaftigkeiten erkennen lassen. 

1. Sprachspiel vs. Wortspiel


Will man sich mit Wortbildungsspielen befassen, so muss zun;chst die Tatsache ber;cksichtigt werden, dass Wortbildungsspiele als Untergruppe innerhalb der viel umfangreicheren Menge der Wortspiele zu betrachten sind. F;r die Besch;f- tigung mit Wortbildungsspielen ist also die Kl;rung dessen, was ein Wortspiel ist, unerl;sslich. Es muss aber zugleich auch darauf hingewiesen werden, dass auf diesem Gebiet mit einer gro;en Vielfalt von Bezeichnungen f;r denselben Sach- verhalt zu rechnen ist: Neben dem Terminus ; Wortspiel; kann man vom ; Sprach- spiel; lesen, sowie vom ;Wort-; bzw. ;Sprachwitz;, ;Wort-; bzw. ;Sprachscherz;, ;Wort-; bzw. ; Sprachspielerei;, ; Wort-; bzw. ; Sprachhumor;, ; Wortulk;, ; Kalau- er; u.a. (vgl. Detering 1983: 222), wobei sich die zwei ersteren Bezeichnungen der gr;;ten Beliebtheit erfreuen. F;r die Belange dieser Arbeit wird von den oben genannten Termini der des Wortspiels gew;hlt, aus Gr;nden, die weiter unten erl;utert werden. Zuvor jedoch soll dem ‚Sprachspiel‘ die geb;hrende Aufmerksamkeit gewidmet werden, da die- ser Terminus in der Auffassung, in der er in die Sprachphilosophie eingegangen ist, von Bedeutung f;r die Untersuchung von Wortspielen und Wortbildungsspielen ist. Ludwig Wittgensteins Gebrauchstheorie der Bedeutung und die Konzeption der Sprachspiele haben sich n;mlich als pr;gend f;r die sp;tere Sprachwissen- schaft erwiesen und k;nnen auch f;r die Untersuchung von Wortspielen und Wortbildungsspielen als Ausgangspunkt gelten – vorausgesetzt, dass eine klare be- griffliche Differenzierung vorgenommen wird. 1.1 Das Sprachspiel bei Wittgenstein Wittgensteins in den „Philosophischen Untersuchungen“1 festgehaltener Auffas- sung nach gewinnen Zeichen ihre Bedeutung...





Inhaltsverzeichnis
 
1. Einleitung

2. Der Begriff des ,,Sprachspiels“
2.1. Der Begriff im ,,Blauen Buch“
2.2. Der Begriff im ,,Braunen Buch“
2.3. Der Begriff in den ,,Philosophischen Untersuchungen“
2.3.1. Merkmale und Definition des Sprachspielbegriffs
 2.3.2. Gebrauch und Bedeutung
 2.4. Die primitive Form des Sprachspiels
 2.5. Das Sprachspiel als Ganzes der Sprache

3. Das Sprachspiel und Familienähnlichkeiten

4. Das Sprachspiel und die Regeln

5. Fazit
 
1. Einleitung

In den ,,Philosophischen Untersuchungen“ Wittgenstein untersucht im Wesentlichen die Sprache in ihrem Gebrauch. In unserer Sprache gibt es Wörter und Sätze, welche eine mehrdeutige Bedeutung haben und relativ vage sind. Dadurch können Missverständnisse entstehen und es geht nun darum ,,[…] die Wurzel aller möglichen Mißverständnisse [.] “ aufzuspüren, um eben jede zu beseitigen[1].

Wittgenstein ist ein Philosoph, der sich vor allen Dingen dem Sprachgebrauch zuwandte. Er war der Auffassung, dass wir unsere Sprache falsch gebrauchen. Darin sah er auch das Hauptproblem in seinen philosophischen Untersuchungen. Er hatte den Verdacht, ,,daß viele Probleme der Philosophie im Grunde Verknotungen des Denkens, Selbstfesselung, Verschlingungen und gordische Knoten der Sprache [sind]“[2].

Der zentrale Aspekt in eben jenen philosophischen Untersuchungen ist der des ,,Sprachspiels“. Wittgenstein möchte anhand eben jenes, eine gewisse Klarheit in den philosophischen Problemen schaffen.

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich nun mit eben jenem ,,Sprachspiel“. Dazu ist es unablässig, den Grundgedanken zu verstehen und die Voraussetzungen zu klären, denn eine konkrete Definition will und kann Wittgenstein nicht geben.

2. Der Begriff des ,,Sprachspiels“

Um einen genaueren Ausblick auf Wittgensteins Sprachspiel zu erhalten, ist es notwendig, sich die früheren Beschreibungen des Sprachspielbegriffes im sogenannten ,,Blauen“ und ,,Braunen Buch“ anzusehen, bevor eben jeder in den philosophischen Untersuchungen genauer betrachtet wird. Das Blaue und das Braune Buch wurden wegen ihres Einbandes so benannt, wobei das Blaue Buch einen Prototyp darstellt, denn es beginnt genauso wie das Braune Buch und die Philosophischen Untersuchungen[3].

2.1. Der Begriff im ,,Blauen Buch“

Das blaue Buch entstand in den Jahren 1934 bis 1935 als Vorlesungsdiktat an Wittgensteins Studenten und wurde erst später veröffentlicht[4]. Wie bereits erwähnt, taucht der Begriff ,,Sprachspiel“ im blauen Buch auf. Wittgenstein führt dazu an:

,, Ich werde in Zukunft immer wieder deine Aufmerksamkeit auf das lenken, was ich Sprachspiele nennen werde. Das sind einfachere Verfahren zum Gebrauch von Zeichen als jene, nach denen wie Zeichen in unserer äußerst komplizierten Alltagssprache gebrauchen. Sprachspiele sind die Sprachformen, mit denen ein Kind anfängt, Gebrauch von Wörtern zu machen. Das Studium von Sprachspielen ist das Studium primitiver Sprachformen oder primitiver Sprachen. […]. Wenn wir solche einfachen Sprachformen untersuchen, dann verschwindet der geistige Nebel, der unsern gewöhnlichen Sprachgebrauch einzuhüllen scheint. […] Wir sehen, daß wir die komplizierten Formen aus den primitiven zusammensetzen können, indem wir nach und nach neue Formen hinzufügen.[5] “

Wir sehen hier, dass Wittgenstein ,,primitive“ Sprachspiele mit den Sprachformen eines Kindes gleichsetzt und dass es sich dabei um die ursprüngliche Form unserer Sprachverwendung handelt. Was bedeutet, dass Sprachspiele, theoretisch, vereinfachte Verwendungen unserer Alltagssprache sind. Allerdings unterscheiden sich diese Sprachformen nicht zwingend von unserer Alltagssprache. Sie haben für die Philosophie jedoch den Vorteil, dass die einzelnen Elemente leichter zu betrachten sind[6].

2.2. Der Begriff im ,,Braunen Buch“

Das Braune Buch wird, wie oben erwähnt, als Vorläufer der Philosophischen Untersuchungen angesehen. Es wurde 1934 ebenfalls diktiert und posthum veröffentlicht. Das Buch besteht aus zwei Teilen: Der erste befasst sich mit dem Begriff der ,,Sprachspiele“, der zweite Teil beinhaltet 72 Sprachspiel- Übungen[7]. Er beschreibt dabei noch ausführlicher, was Sprachspiele, seiner Auffassung nach sind:

,,Systeme der Verständigung […] will ich ‘Sprachspiele‘ nennen. Sie sind dem, was wir im gewöhnlichen Spiele nennen mehr oder weniger verwandt; Kinder lernen ihre Muttersprache mittels solcher Sprachspiele, und hier haben sie vielfach den unterhaltenden Charakter des Spiels. - Wir betrachten aber die Sprachspiele nicht als Fragmente eines Ganzen ‘ der Sprache‘, sondern als in sich geschlossene Systeme der Verständigung, als einfache, primitive Sprachen. Um die Betrachtungsweise im Auge zu behalten, ist es oft nützlich, sich das Bild weiter auszumalen, und sich einen primitiven Volksstamm vorzustellen, dessen gesamte Sprache in diesem Sprachspiel besteht“[8].

Wittgenstein weist vor allem im letzten Satz darauf hin, dass es sinnvoll sei, sich einen primitiven Volksstamm vorzustellen, dessen gesamter Sprachgebrauch aus einem Sprachspiel besteht. Er hebt damit die bereits erwähnte Wichtigkeit der Einbettung von Sprachspielen hervor[9].

2.3. Der Begriff in den ,,Philosophischen Untersuchungen“

2.3.1. Merkmale und Definition des Sprachspielbegriffs

Im Mittelpunkt der ,,Philosophischen Untersuchungen“ von Wittgenstein, steht die Beziehung zwischen der Sprache und der Realität. Der Sprachspielbegriff wird dabei von Wittgenstein wie folgt definiert:

,,Wir können uns auch denken, daß der ganze Vorgang des Gebrauchs der Worte in (2) eines jener Spiele ist, mittels welcher Kinder ihre Muttersprache erlernen. Ich will diese Spiele >>Sprachspiele<< nennen, und von einer primitiven Sprache manchmal als einem Sprachspiel reden. […] Ich werde auch das Ganze: der Sprache und der Tätigkeiten, mit denen sie verwoben ist, das >>Sprachspiel<< nennen.“[10]

Der Sprachspielbegriff nimmt einen zentralen Stellenwert ein. Das Wort ,,Spiel“ verweist dabei auf Kontexte, welche mit Handlungen in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen und welche demnach dem Sprachgebrauch eine gewisse Bedeutung verleiht[11]. Dabei kann ein solches Spiel nicht ohne Hintergrund verstanden werden. Zu eben jenem Hintergrund gehören, wie bei jedem anderen Spiel auch, Regeln dazu. Ein ,,Sprachspiel“ kann man sich demnach als eine Art Sammelbegriff vorstellen, bei dem Äußerungen und nichtsprachliche Tätigkeiten miteinander zusammenhängen[12].

Zu eben jenen Sprachspielen gehören zum Beispiel:

,,Befehlen, und nach Befehlen handeln- Beschreiben eines Gegenstands nach dem Ansehen, oder nach Messungen – Herstellen eines Gegenstands nach einer Beschreibung (Zeichnung) – Berichten eines Hergangs - Über den Hergang Vermutungen anstellen – Eine Hypothese aufstellen und prüfen – Darstellen der Ergebnisse eines Experiments durch Tabellen und Diagramme - Eine Geschichte erfinden; und lesen – Theater spielen – Reigen singen – Rätsel raten – Einen Witz machen; erzählen – (…) Bitten, Danken, Fluchen, Grüßen, Beten“ (PU 23)[13]

Es geht also vordergründig nicht um die Sprache im Allgemeinen, sondern um das ,,Spiel“, bzw. um die Tätigkeit des Spielens als Ereignis. Dies weist darauf hin, dass Wittgenstein die Sprache nicht nur lediglich als eine Tätigkeit sieht, sondern diese ein Teil dieser Tätigkeit ist und damit eine Verbindung zwischen sprachlichen und nichtsprachlichen Handlungen herstellt[14]. Alle Sprachspiele können also mehr als einmal gespielt werden, wobei es trotz der Unterschiede immer dasselbe Sprachspiel bleibt[15].

2.3.2. Gebrauch und Bedeutung

Mit den ,,philosophischen Untersuchungen“ hatte Wittgenstein die Idee einer sogenannten ,,Gebrauchstheorie“, bei der es darum geht, dass sprachliche Ausdrücke erst durch ihren Gebrauch Bedeutung erlangen. Eine der wohl eindeutigsten und zentralsten Stellen ist wohl die PU 43, in der es heißt:

,,Man kann für eine große Klasse von Fällen der Benützung des Wortes ‘Bedeutung‘ – wenn auch nicht für alle Fälle seiner Benützung – dieses Wort so erklären: Die Bedeutung eines Wortes ist sein Gebrauch in der Sprache. Und die Bedeutung eines Namens erklärt man manchmal dadurch, dass man auf seinen Träger zeigt“[16].

Dieser Paragraph wurde in der Vergangenheit viel und oft diskutiert. Von Wittgensteins Seite aus gesehen ist hier anzumerken, dass er keinerlei Definition geben möchte. Er schränkt sich lediglich ein auf ,,für eine große Klasse von Fällen der Benützung“. Dabei ist allerdings anzumerken, dass es sich hier nur um eine ,,große Klasse“ von Fällen handelt, doch keineswegs um alle. George Pitcher war ferner folgender Ansicht:

,,Man kann für eine große Klasse von Wortbedeutungen – wenn auch nicht für alle Fälle der Bedeutungen der Wörter – das Wort Bedeutung so erklären…“

Dies jedoch erwähnt Wittgenstein nicht. Er redet lediglich von einer großen Klasse von Benützungen des Wortes Bedeutung. Einfach ausgedrückt erklärt er uns damit, was das Wort Bedeutung bedeutet[17]. Dem Wort ,,Bedeutung“ kommt in unserer alltäglichen Sprache eine vielfältige Bedeutung zu, je nachdem in welchen ,,Sprachspielsituationen Bedeutungserklärung erforderlich sind“[18].

Wittgenstein gibt in der PU[19] 560 an, dass ,,>>die Bedeutung des Wortes […] das [ist], was die Erklärung der Bedeutung erklärt<< D.h. willst du den Gebrauch des Worts >>Bedeutung<< verstehen, so sieh nach, was man >>Erklärung der Bedeutung<< nennt“[20].

Wittgenstein spricht ferner von dem Gebrauch der Sprach, ohne jedoch zu definieren, was er unter dem Begriff ,,Gebrauch“ versteht. Doch ist dies nicht weiter verwunderlich, wenn man seine Abneigung gegen Definitionen über das ,,Wesen der Sprache“ mit einbezieht[21]. Da Wittgenstein den ,,Gebrauch“ in seine Überlegungen mit einbezieht, kann man davon ausgehen, dass seine Intention dahinter war, dass wir die Sprache als solche durch verschiedene Blickwinkel betrachten und dass wir dementsprechend ,,die Erklärung der Bedeutung“ im einzelnen überprüfen[22].

Was die Verbindung zwischen der Gebrauchstheorie und dem Sprachspiel anbelangt, so erhalten Ausdrücke ihre Bedeutung mittels ihrer zugeteilten ,,Rolle im Sprachspiel“[23]. Laut Wittgenstein haben Worte keine festgelegte Bedeutung und sie gewinnen erst durch ihren Gebrauch in einem funktionierenden Sprachspiel an Bedeutung. Wuchterl schrieb dazu: ,,Sie ist weder eine Vorstellung noch ein Ding neben der Sprache, sondern existiert nur im Vollzug des Spiels“[24].

Eben dies geschieht laut Wittgenstein dann, wenn die Wörter eines Sprachspiels nach den Regeln eines anderen gebraucht werden[25].

Es wird somit ebenso deutlich, was sich sagen lässt und was nicht. Dadurch treten die bleibenden Regeln hervor, welche Wittgenstein in den PU 90 verdeutlicht:

,,[…] Unsere Betrachtung ist daher eine grammatische. Und diese Betrachtung bringt Licht in unser Problem, indem sie Mißverständnisse wegräumt. Mißverständnisse, die den Gebrauch von Worten betreffe; hervorgerufen, unter anderem, durch gewisse Analogien zwischen den Ausdrucksformen in verschiedenen Gebieten unserer Sprache.[26] “

Es wird nun deutlich, dass Wittgenstein den Begriff des ,,Sprachspiels“ in den Philosophischen Untersuchungen in unterschiedlichen Formen gebraucht. Um diese Komplexität des Begriffs zu verstehen, bedarf es einer eingehenden Betrachtung.

2.4. Die primitive Form des Sprachspiels

Dem Ausdruck des ,,primitiven“ Sprachspiels begegnet man sowohl im Blauen Buch, im Braunen Buch und in den PU. Im Blauen Buch führt Wittgenstein beispielsweise an:

,,Sprachspiele sind die Sprachformen, mit denen ein Kind anfängt, Gebrauch von Wörtern zu machen. Das Studium von Sprachspielen ist das Studium primitiver Sprachformen oder primitiver Sprachen“[27].

Dies bedeutet, dass es sich bei Sprachspielen um etwas Natürliches und Ursprüngliches handelt. Sprachspiele sind etwas Alltägliches. Sie umgeben uns seit jeher und wir sind in der Lage, mit ihnen umzugehen. Wittgenstein beschreibt dies in seinem ,,Vortrag über Ethik und andere kleine Schriften“:

,,Wir nennen etwas ein Sprachspiel, wenn es im Leben von uns Menschen eine bestimmte Rolle spielt“[28].

Ein weiteres Beispiel ist das ,,Spiel der Zahnschmerzen“:

,,Seine primitivste Form ist eine Reaktion auf die Klagelaute und Gebärden des Andern, eine Reaktion des Mitleids, oder dergleichen. Wir trösten, wollen helfen“[29].

Klagelaute und Gebärden sind nichts anderes als eine biologische Form der Lautäußerung. Auf diese eher primitive Form folgen dann ,,verfeinerte“ Varianten, wie die sprachliche Äußerung. Bei diesem Beispiel wäre die sprachliche Äußerung: ,,Ich habe Zahnschmerzen!“ oder ,,Ich glaube dir nicht, dass du Zahnschmerzen hast“. Das Sprachspiel wird allerdings dadurch nicht verbessert, sondern es wird nur das eine Schmerzbenehmen durch ein anderes ersetzt. Wittgenstein besagt genau dies in den PU §244, 257 und 665[30].







 
 



 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 



 



 









 

„Wovon man nicht sprechen kann, darueber muss man schweigen.“ Das ist gewiss der Satz, mit dem Ludwig Josef Johann Wittgenstein (*1889, †1951) am haeufigsten zitiert wird. Der gebuertige Wiener gilt als einer der bedeutendsten Philosophen des 20. Jahrhunderts. Erst Ende Oktober 2017 wurde dies einmal mehr herausragend gewuerdigt: Sein rund 20 000 Seiten umfassender philosophischer Nachlass fand Aufnahme in die Liste des Weltdokumentenerbes.

Wittgensteins Juenger schaetzen ihn als grossartigen Denker und Schreiber, der Bedeutendes zur Philosophie der Logik, der Sprache und des Bewusstseins beigetragen hat. Mit dem Tractatus logico-philosophicus (1921) der "Logisch-philosophischen Abhandlung", habe er den "linguistic turn" - die sprachkritische Wende - in der Philosophie vollzogen, heisst es.

Eine Hauptthese Wittgensteins laeuft darauf hinaus, dass allein derjenige philosophische Probleme verstehen oder aufloesen kann, der begreift, wodurch sie ueberhaupt erst erzeugt werden - durch Fehlanwendung von Sprache.

„Alle Philosophie ist ‚Sprachkritik‘, zeigte sich Wittgenstein ueberzeugt. Ziel philosophischer Analysen sei die Unterscheidung von sinnvollen und unsinnigen Saetzen durch eine Klaerung der Funktionsweise von Sprache.

Nach seiner Lesart zerfaellt die Wirklichkeit in „Dinge“ (die sich zueinander verhalten): Jedes „Ding“ habe in der Sprache einen „Namen“. Bedeutung erhielten diese jedoch erst durch ihr Zusammenstehen im Satz. Bildeten die Dinge in Wirklichkeit einen anderen Sachverhalt als ihr Name im Satz, werde ein Satz dadurch falsch; „sinnlos“ seien Saetze, die unabhaengig von Sachverhalten in der Wirklichkeit wahr oder falsch sind.
 
„Unsinnig“ nennt Wittgenstein Saetze, deren Zeichen ueberhaupt keine Verbindungen in der Wirklichkeit darstellen, wie „Der Satz, den ich hiermit ausspreche, ist falsch“. Dieser beziehe sich nicht auf eine moegliche Verbindung von Dingen oder Wirklichkeit, sondern auf sich selbst, was laut Wittgenstein „Unsinn“ ergibt.

Das gelte gleichermassen fuer Saetze, die vorgeben, etwas zu sagen, was ueber die reine Anordnung von Dingen in der Welt hinausgeht, indem sie zum Beispiel das von ihnen Vorgestellte „gut“ oder „schlecht“ nennen. Ein Wert lasse sich daher nicht aussprechen, hoechstens „erschweigen“.
 
Ob Wittgenstein mit seinen Thesen Eulen nach Athen traegt oder damit (wie er selbst seinen Fans mit auf den Weg gibt) Unsinn fabriziert, dafuer kann die Lektuere des "Gefluegelten Holzpferdes" dem geneigten Leser vielleicht eine unterhaltsame Entscheidungshilfe sein.

Yury Lobo und Elke Liebre sind jedenfalls so vermessen zu hoffen, dass Wittgenstein selbst auch mit Vergnuegen Liliputins gelesen und geschmiedet haette.   

Denn wie hiess es bei Wittgenstein gegen Schluss seiner Abhandlungen so schoen?

„Meine Saetze erlaeutern dadurch, dass sie der, welcher mich versteht, am Ende als unsinnig erkennt, wenn er durch sie – auf ihnen – ueber sie hinausgestiegen ist.“


Ðåöåíçèè