Das Gespenst

Ich war allein im leeren Zimmer-
Die Sonne warf das letzte Licht.
Der Abend nahte schnell, - wie immer
War er behaglich und ganz schlicht.

Ins Dunkel war die Luft getaucht.
Es herrschte Stille ueberall.
Ich war schon schlaefrig; schlaefrig auch
Sang Voeglein zu dem letzten Mal.

Und ploetzlich hallte leise Stimme
Von jemand, der daneben stand.
Ich kehrte schnell, doch sah ich niemand:
Nur Schatten waren an der Wand.

„Es war im Schlafe wohl“, ich dachte.
„Das Haus ist schon lange leer“.
Doch ein Gefuehl in mir erwachte,
Dass mich beschaut – irgendwer…

Das machte mich schon sehr unruhig.
Die Abendstille war gespannt:
Der Boden war von Schatten furchig,
Erloeschte blasser Sonnenbrand…

Ich konntґes nicht mehr aushalten
Und fragte laut: „Wer ist hier?“
Die leisen Worte da erschallten:
„Ich bin dein Schatten – neben dir“.

Da hab' ich Gaensehaut bekommen:
So ein wahnsinniger Bescheid!
Ich habe Schritte jaeh vernommen –
Ein Mensch trat aus der Dunkelheit.

Er war sehr hoch, in Schwarz gekleidet.
Sein Laecheln war verhaengnisvoll.
Er fragte: „Sag mal, wer begleitet
Die Seele, wer weicht keinen Zoll?

Das ist dein Schatten. Doppelgaenger,
Der dich fast ueberall verfolgt.
Er kennt deinґ Lebensweg: Anfaenge,
Gefuehle, den Rueckschlag, Erfolg…“

„Bist du mein Schatten? Doppelgaenger?
Oder mein Traum, Fantasie?..“
..Die Pause zog sich in die Laenge…
Die Antwort… Ja, ich kannte sie.

„..Mit Menschen wohnen ihre Schatten,
Doch, wenn ein Mensch schon sterben soll,
Man deckt die Leiche mit der Matte –
Verschwinden wir geheimnisvoll“.

Hypnotisiert ich war. Ich hoerte
Die ganze Rede mit Neugier.
Doch war 'was los. Und seine Worte
Erweckten den Verdacht bei mir.

„Wozu erzaehlst du das?“, ich fragte.
„Wozu bist du gekommen? Wie?“
„Du weisst das selbst“, der Schatten sagte…
Und lachte laut – und ich schrie…

       *

…Ich wachte auf. Na, wie immer:
Der Raum, Moebel, das Geschirr…
Ich war allein im leeren Zimmer –
Es war kein Schatten neben mir…
       7. 12. 2001